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Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

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Standortoptionen deutlich vergrößert. Wenn sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Einkommen eine<br />

Fehlbelegungsabgabe zahlen müssen, erreicht die Miete zusammen mit den<br />

Betriebskosten eine Höhe, die auf dem Niveau von eben fertiggestellten Neubauten<br />

liegt. Es gibt somit starke Anreize, die Sozialwohnung aufzugeben <strong>und</strong> in einen Neubau<br />

umzuziehen.<br />

"Die Einweisung von Familien <strong>und</strong> Einzelpersonen, die aus verschiedenen Gründen auf<br />

finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand relativ dauerhaft angewiesen<br />

sind...bzw. von ihrer Umwelt mehr oder weniger als soziale Belastung definiert werden,<br />

(ist) ... ein wichtiges Moment in den...sozialstrukturellen Abstiegsprozessen vieler<br />

Großsiedlungen" (Herlyn et al. 1987, 105). Der Wegzug von höheren<br />

Einkommensgruppen <strong>und</strong> der Zuzug von Haushalten mit niedrigem Einkommen (häufig<br />

mit ausländischer Herkunft) führt zu einer sozialen Entmischung, die die selektive<br />

Fluktuation weiter verstärkt – ein kumulativer Prozeß, dessen Resultat in verschiedenen<br />

Varianten in den Großstädten zu besichtigen ist.<br />

Daß der <strong>Soziale</strong> Wohnungsbau zum 'Problembestand' zu werden scheint, liegt an einem<br />

Systemwiderspruch, der einerseits auf Planungsentscheidungen der 60er <strong>und</strong> 70er Jahre,<br />

<strong>und</strong> andererseits auf politischen Entscheidungen seit den 80er Jahren beruht. Der<br />

<strong>Soziale</strong> Wohnungsbau war als ein Segment des Wohnungsmarktes entstanden <strong>und</strong><br />

konzipiert, mit dem die 'breiten Schichten' der Bevölkerung in marktfernen Beständen<br />

versorgt werden sollten. Er war nie als Wohnungsbau für die Ärmsten <strong>und</strong><br />

Bedürftigsten gedacht, denn für diese waren die Mieten im <strong>Soziale</strong>n Wohnungsbau<br />

schon immer zu hoch. Nur mit dieser breiten sozialen Zielbestimmung konnten auch die<br />

hohen räumlichen Konzentrationen von Sozialwohnungen in den Großsiedlungen<br />

geplant werden, denn in diesen Stadtteilen sollte "soziale Mischung" realisiert werden.<br />

Der <strong>Soziale</strong> Wohnungsbau war konzipiert als ein Instrument zur sozialen<br />

Durchmischung der Wohnbevölkerung – entsprechend weit gezogen waren die<br />

Einkommensgrenzen für die Bezugsberechtigung –, er ist nur zu verstehen als die<br />

Antwort des Sozialstaates auf die extrem segregierten Quartiere des kapitalistischen<br />

Städtebaus vor 1918. Die Verteilungseffekte der staatlichen Förderung begünstigten<br />

immer die Mittelschichten. Weil die technisch guten Wohnungen relativ preiswert für<br />

sie waren, war das Zusammenwohnen mit Haushalten, die einen anderen Lebensstile<br />

haben, für sie kein Anlaß, diese Quartiere zu verlassen.<br />

Die 'Fehlsubventionierung' von Haushalten, die während ihres Wohnens in einer<br />

Sozialwohnung Einkommenszuwächse zu verzeichnen hatten <strong>und</strong> daher die<br />

Einkommensgrenzen überschritten, war als Problem schon immer bekannt. Aber diese<br />

Subventionierung wurde, solange die öffentlichen Haushalte in der Lage <strong>und</strong> bereit<br />

waren, das Angebot durch weitere Förderung beständig auszuweiten, hingenommen –<br />

gleichsam als Prämie für das Wohnen in sozial gemischter Umgebung. Haushalte mit<br />

höheren Einkommen wurden bei der Miete vom Staat quasi dafür subventioniert, daß<br />

sie sich nicht wie die übrigen Mittelschichtshaushalte in sozial deutlich segregierte<br />

Wohnquartiere zurückzogen.

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