12.12.2012 Aufrufe

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

17<br />

Schritt über das erreichte Niveau hinaus, aber qualitativ in dieselbe Richtung wie bei<br />

den Einheimischen. Die Ausländer befinden sich mit ihrer Wohnrealität <strong>und</strong><br />

dementsprechend auch mit ihren Wünschen zwar auf niedrigeren Stufen als die<br />

deutschen Staatsangehörigen, aber sie stehen auf ein <strong>und</strong> derselben Leiter, die letztlich<br />

ins großzügige, gut ausgestattete Eigenheim führen müßte.<br />

Soweit Ausländer qualitativ andere <strong>und</strong> quantitativ bescheidenere Wohnansprüche<br />

zeigen als der Durchschnitt der deutschen Staatsangehörigen, sind diese Unterschiede<br />

weniger auf eine andere Kultur des Wohnens zurückzuführen als auf demographische<br />

<strong>und</strong> sozialstrukturelle Unterschiede. Je kürzer die Aufenthaltsdauer, desto mehr<br />

entspricht ein Ausländer dem typischen Bild des gering qualifizierten Zuwanderers in<br />

einer großen Stadt: jung, männlich, alleinstehend, hoch mobil mit niedrigem<br />

Einkommen. Unabhängig von der Nationalität messen solche Stadtbewohner der<br />

Wohnung einen geringen Stellenwert zu. In einer biographischen Übergangsphase spielt<br />

auch die Wohnung nur die Rolle einer Durchgangsstation, <strong>und</strong> deshalb dominiert das<br />

Interesse an einer billigen, arbeitsplatz- <strong>und</strong> innenstadtnahen Unterbringung, die die<br />

eigene Mobilität nicht behindert. Ähnlich wirkt sich der Rechtsstatus, also die<br />

Verläßlichkeit des Aufenthaltsrechts aus. Bei subjektiv oder objektiv begründeter<br />

Kurzfristigkeit des Aufenthalts wird niemand besonders in die eigene Wohnsituation<br />

investieren wollen. Mit dem allmählichen Übergang von einer reinen<br />

'Arbeitsbevölkerung' zu einer 'Wohnbevölkerung' ab 1973 ändert sich auch der<br />

Stellenwert der Wohnung bei den ausländischen Haushalten. Tendenzen der<br />

Angleichung an die Standards der einheimischen Bevölkerung setzen sich deshalb erst<br />

allmählich durch. Der Nachzug von Familienangehörigen macht mehr Fläche <strong>und</strong><br />

Räume sowie die technischen <strong>und</strong> räumlichen Voraussetzungen für eine eigene<br />

Haushaltsführung notwendig.<br />

Der Nachzug von Frauen <strong>und</strong> Kindern, die Vervollständigung des eigenen Haushalts<br />

läßt aber auch die Besonderheiten ausländischen Wohnens stärker hervortreten:<br />

Eichener (1988) beschreibt für Stadtbewohner in der Türkei eine noch wenig<br />

urbanisierte Lebensweise: auch in den Städten dominiert das einstöckige Haus, ein<br />

Großteil des Lebens spielt sich im Freien ab. Die Haushalte haben noch vergleichsweise<br />

umfangreiche Funktionen der Selbstversorgung <strong>und</strong> sind stärker in nachbarliche <strong>und</strong><br />

verwandtschaftliche informelle Hilfsnetze eingeb<strong>und</strong>en; die Gärten haben eher<br />

Versorgungs-, weniger ästhetische Funktionen; mehrere Generationen leben häufiger<br />

noch zusammen; die Trennung von privater <strong>und</strong> öffentlicher Sphäre ist weniger<br />

ausgeprägt. Statt dessen wird stärker zwischen männlichen <strong>und</strong> weiblichen Räumen<br />

differenziert, was eine entsprechende Differenzierung innerhalb der Wohnung zwischen<br />

öffentlich zugänglichen <strong>und</strong> unzugänglichen Räumen verlangt (Eichener 1988, 100).<br />

Bei der Modernisierung einer Werkssiedlung im Ruhrgebiet, die mehrheitlich von<br />

Türken bewohnt ist, wurde der Wunsch festgestellt, die Toilette nicht Wand an Wand<br />

zur Küche einzubauen, weil ein ‘unreiner’ Ort weiter entfernt von der Küche liegen<br />

müsse, während die deutsche Bauweise solche ‘Naßräume’ in der Regel aus technischen<br />

Gründen benachbart organisiert. Außerdem durfte die Toilette nicht nach Mekka

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!