Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Schritt über das erreichte Niveau hinaus, aber qualitativ in dieselbe Richtung wie bei<br />
den Einheimischen. Die Ausländer befinden sich mit ihrer Wohnrealität <strong>und</strong><br />
dementsprechend auch mit ihren Wünschen zwar auf niedrigeren Stufen als die<br />
deutschen Staatsangehörigen, aber sie stehen auf ein <strong>und</strong> derselben Leiter, die letztlich<br />
ins großzügige, gut ausgestattete Eigenheim führen müßte.<br />
Soweit Ausländer qualitativ andere <strong>und</strong> quantitativ bescheidenere Wohnansprüche<br />
zeigen als der Durchschnitt der deutschen Staatsangehörigen, sind diese Unterschiede<br />
weniger auf eine andere Kultur des Wohnens zurückzuführen als auf demographische<br />
<strong>und</strong> sozialstrukturelle Unterschiede. Je kürzer die Aufenthaltsdauer, desto mehr<br />
entspricht ein Ausländer dem typischen Bild des gering qualifizierten Zuwanderers in<br />
einer großen Stadt: jung, männlich, alleinstehend, hoch mobil mit niedrigem<br />
Einkommen. Unabhängig von der Nationalität messen solche Stadtbewohner der<br />
Wohnung einen geringen Stellenwert zu. In einer biographischen Übergangsphase spielt<br />
auch die Wohnung nur die Rolle einer Durchgangsstation, <strong>und</strong> deshalb dominiert das<br />
Interesse an einer billigen, arbeitsplatz- <strong>und</strong> innenstadtnahen Unterbringung, die die<br />
eigene Mobilität nicht behindert. Ähnlich wirkt sich der Rechtsstatus, also die<br />
Verläßlichkeit des Aufenthaltsrechts aus. Bei subjektiv oder objektiv begründeter<br />
Kurzfristigkeit des Aufenthalts wird niemand besonders in die eigene Wohnsituation<br />
investieren wollen. Mit dem allmählichen Übergang von einer reinen<br />
'Arbeitsbevölkerung' zu einer 'Wohnbevölkerung' ab 1973 ändert sich auch der<br />
Stellenwert der Wohnung bei den ausländischen Haushalten. Tendenzen der<br />
Angleichung an die Standards der einheimischen Bevölkerung setzen sich deshalb erst<br />
allmählich durch. Der Nachzug von Familienangehörigen macht mehr Fläche <strong>und</strong><br />
Räume sowie die technischen <strong>und</strong> räumlichen Voraussetzungen für eine eigene<br />
Haushaltsführung notwendig.<br />
Der Nachzug von Frauen <strong>und</strong> Kindern, die Vervollständigung des eigenen Haushalts<br />
läßt aber auch die Besonderheiten ausländischen Wohnens stärker hervortreten:<br />
Eichener (1988) beschreibt für Stadtbewohner in der Türkei eine noch wenig<br />
urbanisierte Lebensweise: auch in den Städten dominiert das einstöckige Haus, ein<br />
Großteil des Lebens spielt sich im Freien ab. Die Haushalte haben noch vergleichsweise<br />
umfangreiche Funktionen der Selbstversorgung <strong>und</strong> sind stärker in nachbarliche <strong>und</strong><br />
verwandtschaftliche informelle Hilfsnetze eingeb<strong>und</strong>en; die Gärten haben eher<br />
Versorgungs-, weniger ästhetische Funktionen; mehrere Generationen leben häufiger<br />
noch zusammen; die Trennung von privater <strong>und</strong> öffentlicher Sphäre ist weniger<br />
ausgeprägt. Statt dessen wird stärker zwischen männlichen <strong>und</strong> weiblichen Räumen<br />
differenziert, was eine entsprechende Differenzierung innerhalb der Wohnung zwischen<br />
öffentlich zugänglichen <strong>und</strong> unzugänglichen Räumen verlangt (Eichener 1988, 100).<br />
Bei der Modernisierung einer Werkssiedlung im Ruhrgebiet, die mehrheitlich von<br />
Türken bewohnt ist, wurde der Wunsch festgestellt, die Toilette nicht Wand an Wand<br />
zur Küche einzubauen, weil ein ‘unreiner’ Ort weiter entfernt von der Küche liegen<br />
müsse, während die deutsche Bauweise solche ‘Naßräume’ in der Regel aus technischen<br />
Gründen benachbart organisiert. Außerdem durfte die Toilette nicht nach Mekka