Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Niedergang des Stadtteils. Dies war z.B. in Duisburg-Marxloh der Fall: Das Stahlwerk<br />
wurde geschlossen, die in Marxloh konzentriert wohnenden Stahlarbeiter verloren ihre<br />
Arbeit, <strong>und</strong> der Stahlkonzern als Großeigentümer von Wohnungen im Stadtteil unterließ<br />
Instandhaltungs- <strong>und</strong> Modernisierungsinvestitionen. Parallel zu diesen negativen<br />
Entwicklungen stieg der Anteil der Ausländer an der Bewohnerschaft von Marxloh<br />
(Hanhörster/Mölder 2000, 356f).<br />
Ähnliche Beispiele ließen sich aus vielen anderen Großstädten schildern, denn der<br />
Verlust von Industriearbeitsplätzen ist in den letzten drei Jahrzehnten einer der<br />
hervorstechendsten Züge ihrer ökonomischen Entwicklung gewesen – <strong>und</strong> er hat die<br />
ausländische Bevölkerung noch mehr betroffen. Die massenhaften Arbeitsplatzverluste<br />
im Fertigungsbereich, in dem die ausländischen Arbeiter mehrheitlich beschäftigt<br />
waren, hat ganze Stadtviertel in die Krise gestürzt. Man kann von einem<br />
‚Fahrstuhleffekt nach unten‘ sprechen: aus Arbeitervierteln werden durch einen<br />
kollektiven Abstieg Arbeitslosenviertel, <strong>und</strong> dies zieht eine selektive Mobilität nach<br />
sich. Die noch in den Arbeitsmarkt Integrierten verlassen das Viertel, zuziehen aber<br />
weitere Verlierer des Strukturwandels.<br />
Nicht in allen Quartieren mit hohem Ausländeranteil treten diese Probleme auf. Das –<br />
bereits zitierte – Beispiel der Kölner Südstadt <strong>und</strong> auch große Teile von Berlin-<br />
Kreuzberg zeigen, daß ein Zusammenleben mit geringem Konfliktniveau zwischen<br />
Deutschen <strong>und</strong> Ausländern möglich ist, wenn sich zwischen ihnen keine Konkurrenz<br />
um Ressourcen <strong>und</strong> Raum entspinnt. Es kommt eben darauf an, wer mit wem in diesen<br />
Quartieren zusammenkommt. Die Milieus der Türken <strong>und</strong> der Alternativszene haben an<br />
beiden Beispielsorten so wenig miteinander zu tun, daß sie nicht in Konflikt geraten –<br />
<strong>und</strong> die Fremdenfeindlichkeit ist bei jenen gering, die eine gesicherte Identität <strong>und</strong> eine<br />
gesicherte Existenz haben. Sie brauchen sich nicht bedroht zu fühlen.<br />
"Die strukturellen <strong>Integration</strong>sprobleme von Minderheiten (fallen) um so größer aus...,<br />
je umfassender die sozialen Desintegrationsprozesse für Angehörige der<br />
Mehrheitsgesellschaft sichtbar <strong>und</strong> erfahrbar werden" (Anhut/Heitmeyer 2000a, 551).<br />
Dort, wo die meisten <strong>Integration</strong>sprobleme auftreten, in den Vierteln mit einem hohen<br />
(<strong>und</strong> in der Regel wachsenden) Ausländeranteil, sind die Voraussetzungen für<br />
gelingende <strong>Integration</strong> aufgr<strong>und</strong> der sozialen Situation der Bewohner am ungünstigsten.<br />
Das Fatale an den gegenwärtig in der B<strong>und</strong>esrepublik ablaufenden sozialräumlichen<br />
Sortierungsprozessen liegt darin, daß sie gerade die Gruppen mit den größten sozialen<br />
<strong>und</strong> mit den größten <strong>Integration</strong>sproblemen zusammenführen – <strong>und</strong> zwar in Quartieren,<br />
die die marginale Position ihrer Bewohner sichtbar machen <strong>und</strong> die selber wiederum<br />
Benachteiligungen verstärken können.<br />
6.5.2 Benachteiligende Quartiere<br />
Je weniger ökonomisches, soziales <strong>und</strong> kulturelles Kapital einer Gruppe zur Verfügung<br />
steht, umso unausweichlicher wird sie in jene Bestände abgedrängt, in denen alle<br />
anderen nicht leben wollen. Je benachteiligter eine Gruppe ist, desto stärker ist ihr