Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Stigmatisierungsprozeß ein, der sich nachteilig auf soziale <strong>und</strong> ökonomische<br />
Teilhabemöglichkeiten außerhalb des Quartiers auswirkt <strong>und</strong> in Form von sinkender<br />
Kaufkraft <strong>und</strong> sozialem Streß auf das Quartier zurückwirkt. Solche Circulus-vitiosus-<br />
Effekte sind mittlerweile auch für deutsche Armutsquartiere nachgewiesen<br />
(Häußermann/Kapphan 2000; Friedrichs/Blasius 2000; Krummacher 1999, 196;<br />
Kronauer 2001, 207; Farwick 1999).<br />
Die <strong>Integration</strong> von Zuwanderern wird also behindert, wenn sie in einem Quartier auf<br />
Deutsche treffen, die mit schweren eigenen sozialen Problemen zu kämpfen haben <strong>und</strong><br />
daher nicht in der Lage sind, ein soziales Klima der fairen <strong>und</strong> unproblematischen<br />
Kohabitation zu gestalten. Und sie wird weiter behindert, wenn die Zuwanderer<br />
zusammen mit den Verlierern der ökonomischen Modernisierung ausgegrenzt werden.<br />
6.5.3 <strong>Soziale</strong>r Wohnungsbau – Ghettos von morgen?<br />
So gelten die Sozialbausiedlungen am Stadtrand als besonders problematisch. Zu recht.<br />
Schon optisch <strong>und</strong> räumlich wirken sie als abgehängte Quartiere am Rand der Stadt <strong>und</strong><br />
am Rand der Gesellschaft, <strong>und</strong> sie bieten kaum Möglichkeiten, sich seine Umwelt<br />
außerhalb der eigenen vier Wände zu eigen zu machen. Besonders nachteilig sind diese<br />
randständigen Quartiere für die <strong>Integration</strong> ausländischer Frauen der ersten Generation,<br />
denn sie sind aufgr<strong>und</strong> ihrer geringen <strong>Integration</strong> in den Arbeitsmarkt, ihrer schlechten<br />
Sprachkenntnisse <strong>und</strong> ihrer generell geringeren Mobilität fast ausschließlich auf<br />
Kontakte im engeren Wohnbereich angewiesen.<br />
Ebenfalls scheinen die Möglichkeiten zu ökonomisch relevantem Tun in solchen<br />
Quartieren begrenzt. Komplexe, funktionale <strong>und</strong> sozial vielfältig verflochtene<br />
innerstädtische Gebiete sind für Migranten <strong>und</strong> Einkommensschwache geeigneteres<br />
Gelände, um die gänzliche Abhängigkeit von Sozialtransfers zu vermeiden. Dafür gibt<br />
es inzwischen zahlreiche empirische Belege. In den sozial homogeneren,<br />
monofunktionalen Wohngebieten am Stadtrand ohne red<strong>und</strong>ante Räume oder Flächen,<br />
die für ungeplante Aktivitäten verwendet werden könnten, ist bei gleicher sozialer Lage<br />
unter Deutschen <strong>und</strong> Nichtdeutschen der Anteil der Arbeitslosen wie der der<br />
Sozialhilfeempfänger fünf mal so hoch wie in den innerstädtischen Altbaugebieten<br />
(Häußermann 1996, 18). Aber wie häufig bei von außen gesehen als problematisch<br />
geltenden Stadtgebieten, besteht auch bei Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus<br />
am Stadtrand eine Diskrepanz zwischen dem Fremdbild <strong>und</strong> der Binnenwahrnehmung.<br />
Ein Teil vor allem der länger ansässigen Ausländer hat sich eingewöhnt <strong>und</strong> empfindet<br />
diese Quartiere als sicher <strong>und</strong> vertraut (vgl. Kronauer/Vogel 2001).<br />
Im Zuge des Funktionswandels des sozialen Wohnungsbaus zum letzten Auffangnetz<br />
der Wohnungsfürsorge für Notfälle hat sich die Bewohnerschaft gerade der<br />
Großsiedlungen geändert. Dadurch entstand erst das Mißverhältnis zwischen den<br />
Bedürfnissen <strong>und</strong> Verhaltensweisen zumindest eines Teils ihrer heutigen Bewohner <strong>und</strong><br />
der Lebenssituation, für die diese Anlagen ursprünglich errichtet worden waren.<br />
Geplant waren sie für Frauen mit kleinen Kindern. Männern sollten sie als funktionales