Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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5. Die Problematik der Bewertung<br />
43<br />
Verglichen mit den Vereinigten Staaten aber auch mit Staaten kolonialer Vergangenheit<br />
wie England, Frankreich <strong>und</strong> Holland, ist <strong>ethnische</strong> Segregation in Deutschland gering.<br />
Dies ist auch zurückzuführen auf eine Stadt- <strong>und</strong> Wohnungspolitik in der BRD, die sich<br />
das Ziel gesetzt hat, soziale Segregation, also die Absonderung der sozialen Schichten,<br />
definiert nach Einkommen, Stellung im Beruf <strong>und</strong> Bildung, zu vermindern. Die dafür<br />
angeführten sozialpolitischen Argumente werden heute im Hinblick auf die Segregation<br />
von Ausländern um Argumente kultureller <strong>Integration</strong> ergänzt. Man stellt sich eine<br />
sozial gerechte <strong>und</strong> kulturell integrierte städtische Gesellschaft so vor, daß Jung <strong>und</strong><br />
Alt, Arm <strong>und</strong> Reich, Deutsch <strong>und</strong> Nichtdeutsch gleichmäßig über den Raum verteilt<br />
sind.<br />
Hinsichtlich der Bedeutung <strong>und</strong> der Wirkung von sozialräumlichen Mustern für die<br />
soziale <strong>Integration</strong> gibt es allerdings keinen Konsens – weder in der Politik noch in der<br />
Wissenschaft. Häufig wird bezüglich der Zuwanderer mit den gleichen Argumenten für<br />
<strong>und</strong> zugleich gegen die Segregation argumentiert. Diese Paradoxie wollen wir im<br />
folgenden darstellen <strong>und</strong> auflösen.<br />
5.1 Argumente gegen Segregation<br />
Gegen Segregation <strong>und</strong> für ‚soziale Mischung‘, d.h. eine gleichmäßige Verteilung aller<br />
sozialen Gruppen über das gesamte Stadtgebiet, werden eine Fülle von Argumenten<br />
vorgetragen:<br />
5.1.1 Ökonomische Nachteile<br />
• In Gebieten mit einer hohen Konzentration von Armen <strong>und</strong> Ausländern ist das<br />
privatwirtschaftliche Angebot an Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen schlechter, weil die<br />
Kaufkraft niedrig ist. Das senkt die Attraktivität eines Quartiers für andere soziale<br />
Schichten <strong>und</strong> befördert eine selektive Abwanderung.<br />
• Sozial gemischte Quartiere sind regenerationsfähiger, weil ihre Bewohner bei<br />
beruflichem Aufstieg keinen unmittelbaren Anlaß sehen, wegzuziehen. Das<br />
wiederum motiviert Hauseigentümer zu kontinuierlicher Instandhaltung <strong>und</strong><br />
Modernisierung, denn sie sind an einer Stabilität der Mieterschaft interessiert. Mit<br />
der Konzentration von Armen <strong>und</strong> Ausländern sinkt die Attraktivität eines<br />
Wohngebiets für zahlungskräftige deutsche Haushalte, was zu einem Rückgang der<br />
Boden- <strong>und</strong> Mietpreise führt. Darauf können Hauseigentümer mit Desinvestition<br />
reagieren, was eine weitere Abwertung des Quartiers <strong>und</strong> weitere selektive Mobilität<br />
zur Folge hat. Dieser marktgesteuerte Prozeß ist irreversibel, wenn der Staat nicht<br />
interveniert. Dieser Prozeß ist von der Chicagoer Schule als Invasions- <strong>und</strong><br />
Sukzessionszyklus untersucht worden.<br />
• Eine Dominanz von armen Haushalten bzw. eine auf niedrigem Niveau nivellierte<br />
Einkommensstruktur schränkt die Möglichkeiten informeller Beschäftigung in