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Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

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7. Die <strong>ethnische</strong> Kolonie – Ressource <strong>und</strong> Restriktion der <strong>Integration</strong><br />

Ethnische Ökonomien sind definiert als Konzentration von Unternehmereigentum<br />

<strong>und</strong>/oder Beschäftigung von Angehörigen einer <strong>ethnische</strong>n Minderheit in einem<br />

bestimmten ökonomischen Sektor (Logan et al. 2000, 102). Ethnische Ökonomien, d.h.<br />

Ökonomien auf der Basis <strong>ethnische</strong>n Unternehmertums <strong>und</strong> <strong>ethnische</strong>r Beschäftigung –<br />

möglicherweise auch mit <strong>ethnische</strong>n Produkten –, haben in der Geschichte der<br />

europäischen Einwanderung nach Amerika eine wesentliche Rolle gespielt als<br />

ökonomische Nischen, in denen die Neuankömmlinge schnell eine (wenn auch schlecht<br />

bezahlte) Beschäftigung finden konnten (vgl. Waldinger 1993). Erfolgreiche Beispiele<br />

sind die osteuropäischen Juden in der New Yorker Bekleidungsindustrie um 1900, heute<br />

die Kubaner in Miami, die Koreaner in Los Angeles <strong>und</strong> die Chinesen in New York.<br />

Letztere haben in den Vereinigten Staaten überall dort, wo ihre Zahl mindestens die<br />

100.000 erreichte (in New York, Los Angeles <strong>und</strong> San Francisco) <strong>ethnische</strong> Ökonomien<br />

um die Kernsektoren Gastronomie <strong>und</strong> Bekleidungsindustrie entwickelt. Auch Inder<br />

<strong>und</strong> Kubaner waren in letzter Zeit in den Vereinigten Staaten im Bereich der <strong>ethnische</strong>n<br />

Ökonomien auffällig erfolgreich.<br />

Als wichtigster Faktor zur Erklärung des ökonomischen Erfolgs von Migranten gilt ihr<br />

soziales <strong>und</strong> kulturelles Kapital. Weil dies bei den verschiedenen Immigrantengruppen<br />

sehr unterschiedlich entwickelt ist, haben keineswegs alle Gruppen <strong>ethnische</strong><br />

Ökonomien gründen können. Ob ihnen dies gelingt, hängt ab<br />

1. von ihren ‚<strong>ethnische</strong>n Ressourcen‘: kultureller <strong>und</strong> Klassenhintergr<strong>und</strong>; spezifische<br />

Qualifikationen, die sie mitbringen; Fähigkeiten der <strong>ethnische</strong>n Gemeinde, Kapital,<br />

Arbeitskraft, Zulieferernetzwerke <strong>und</strong> eine tragfähige Nachfrage zu organisieren;<br />

2. vom Kontext, innerhalb dessen sie agieren, insbesondere von der Politik der<br />

Einheimischen ihnen gegenüber. So haben die Kubaner in Miami eine sehr starke<br />

<strong>ethnische</strong> Ökonomie entwickeln können, diejenigen in New York aber nicht;<br />

3. von dem Stand der <strong>Integration</strong> der Immigranten. Ethnische Ökonomien<br />

verschwinden häufig im Zuge der <strong>Integration</strong>.<br />

Die <strong>ethnische</strong> Ökonomie ist ein besonders auffälliges Merkmal der Koloniebildung von<br />

Migranten innerhalb der Einwanderungsgesellschaft. "Der Terminus Kolonie<br />

(meint)...eine geordnete Sozialform der residentiell wie sozial kongregierten Existenz<br />

von Zuwanderern aus fremden <strong>und</strong> fernen Gebieten ..., die sich – mit deutlicher<br />

Aufrechterhaltung ihrer Herkunftsidentität <strong>und</strong> gewisser Abgrenzung – in einer<br />

Aufnahmegesellschaft niederlassen." (Fijalkowski 1988, 10; vgl. Breton 1965;<br />

Heckmann 1992). Ähnlich definiert Marcuse (1998) die <strong>ethnische</strong> Enklave im<br />

Unterschied zum Ghetto. Während Ghettos Produkt der Ausgrenzung einer<br />

diskriminierten Gruppe durch die dominante Mehrheit sind, entsteht die <strong>ethnische</strong><br />

Enklave auf der Basis von Freiwilligkeit: "Eine Enklave ist ein Gebiet, in dem<br />

Mitglieder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, definiert nach Ethnizität, Religion<br />

oder anderen Merkmalen, in einem bestimmten Raum zusammenkommen, um ihre

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