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Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

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Daß man eine ausgeprägte Segregation gerade bei den Gruppen findet, die über<br />

besonders große Wahlfreiheit auf dem Wohnungsmarkt verfügen, weist darauf hin, daß<br />

es freiwillige Segregation gibt aus dem Interesse, mit ‚seinesgleichen‘ benachbart zu<br />

sein – oder zumindest die ‚Anderen‘ auf Distanz zu halten. Warum erklärt man dieses<br />

Interesse gerade bei den Angehörigen der Unterschicht oder den Zuwanderern für<br />

illegitim <strong>und</strong> störend, die doch besonders auf informelle soziale Netze angewiesen sind?<br />

6.3 Falsche Annahmen zu den Effekten physischer Nähe<br />

Sowohl die Argumente für räumliche Nähe (‚Kontakthypothese‘) als auch diejenigen<br />

für eine räumliche Trennung (‚Konflikthypothese‘) unterstellen eine direkte Wirkung<br />

physischer Nähe – allerdings mit gegenteiligen Effekten. Nicht abzustreiten ist, daß<br />

physische Nähe Voraussetzung ist, um eine bestimmte Art von Kontakten möglich zu<br />

machen: sei es für eine liebevolle Umarmung, sei es um sich gegenseitig die<br />

Nasenbeine einzuschlagen. Aber physische Nähe kann den einen oder anderen Ausgang<br />

des Kontakts nicht erklären. Entscheidend dafür ist der soziale Kontext, also wer mit<br />

wem unter welchen Bedingungen zusammentrifft. Kurz gesagt: wenn man sich liebt,<br />

wird man sich umarmen, wenn man sich nicht ausstehen kann, dann werden die<br />

Nasenbeine zu leiden haben.<br />

Das wird offensichtlich, wenn man die Bedingungen betrachtet, unter denen die<br />

Hypothese Gültigkeit beanspruchen kann, Kontakte förderten die soziale <strong>Integration</strong>:<br />

Demnach fördert physische Nähe die Beziehungen zwischen verschiedenen Ethnien<br />

wenn:<br />

- "die Gruppen einen gleichwertigen sozialen Status besitzen,<br />

- er in einem Sozialklima stattfindet, das den Kontakt wünscht <strong>und</strong> forciert,<br />

- wenn er nicht nur gelegentlich stattfindet,<br />

- wenn er beiden Seiten Vorteile verschafft sowie<br />

- bei gemeinsamen funktionellen Arbeiten für ein übergeordnetes Ziel“.<br />

Hingegen beeinträchtig physische Nähe die Beziehungen<br />

- „bei Wettbewerb statt Kooperation,<br />

- bei angespanntem sozialem Klima,<br />

- bei inkompatiblen moralischen Normen sowie<br />

- bei schlechter Stellung einer Gruppe in mehrfacher Hinsicht" (Anhut/Heitmeyer<br />

2000b, 43, unter Bezug auf Amir 1969, Dollase 1994 <strong>und</strong> Thomas 1994).<br />

Stellt man diese Bedingungen in Rechnung, so erscheint der kausale Zusammenhang<br />

zwischen Kontakt <strong>und</strong> Einstellung als reine Tautologie: wenn <strong>Integration</strong> längst<br />

gelungen ist, fördert der Kontakt dieselbe; wenn nicht, erschwert er sie. Die bereits<br />

existierende (positive oder negative) soziale Beziehung wird durch direkte Kontakte<br />

offenbar intensiviert, aber selten konvertiert.Von jenen Ausländern, die – nach eigenen<br />

Angaben – Kontakte zu Deutschen unterhalten, geben 30 % an, sehr gut mit Deutschen<br />

auszukommen, von denen, die über keine Kontakte berichten, nur 10 %. "Auch in der

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