Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Gruppe der Migranten:<br />
39<br />
4.3 Wie entwickelt sie sich voraussichtlich in der Zukunft?<br />
Wachstumsgewinne filtern angesichts des ‚jobless growth‘ <strong>und</strong> angesichts der<br />
Internationalisierung der ökonomischen Beziehungen nicht mehr nach unten durch.<br />
Armut <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit werden für eine wachsende Minderheit zum Dauerzustand.<br />
Die Spanne zwischen reich <strong>und</strong> arm wird nicht mehr kleiner, in den USA weitet sie sich<br />
seit den 70er Jahren (Häußermann/Siebel 1995, 85f), in der BRD gibt es Anzeichen für<br />
ähnliche Entwicklungen.<br />
Parallel dazu werden die sozialen Netze schwächer. Die demographischen<br />
Veränderungen höhlen die informellen Hilfssysteme aus. Es werden weniger Kinder<br />
geboren, <strong>und</strong> es gibt immer mehr sogenannte neue Haushaltstypen: Alleinlebende,<br />
Alleinerziehende <strong>und</strong> kinderlose Paare. Das Einzelkind zweier Einzelkinder aber hat<br />
beim Tod seiner Eltern keinen näheren Verwandten. Immer mehr Menschen sind daher<br />
im Alter auf professionelle, also zu bezahlende Hilfe angewiesen.<br />
Die 'Vulnerabilität' von Alleinerziehenden etwa bei Schwierigkeiten auf dem<br />
Arbeitsmarkt oder persönlichen Krisen ist höher als die der Haushalte mit zwei<br />
Erwachsenen. Normalhaushalte verfügen über mindestens zwei erwerbsfähige<br />
Personen, also über eine potentiell festere Einbindung in das Erwerbssystem. Das<br />
verhindert, daß das Arbeitsmarktschicksal sich massiv <strong>und</strong> unmittelbar auf die<br />
Einkommenssituation des Haushaltes auswirkt <strong>und</strong> damit mittelbar auf sein<br />
Wohnungsmarktschicksal durchschlägt. Bei Singles wie bei Alleinerziehenden fehlt<br />
dieser Filter zwischen Arbeitsmarkt <strong>und</strong> Wohnungsmarkt, der darauf beruht, daß auf<br />
dem Arbeitsmarkt Individuen, auf dem Wohnungsmarkt Haushalte agieren.<br />
Die Spaltungen gerade der Stadtgesellschaft vertiefen sich ferner im Zuge der<br />
Globalisierung. Eine ihrer greifbarsten Facetten sind die weltweiten<br />
Migrationsprozesse. Migration war immer auf die großen Städte gerichtet.<br />
Globalisierung beinhaltet deshalb den Import von Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> Armut aus der<br />
zweiten <strong>und</strong> dritten Welt vor allem in die Zentren der Großstädte der ersten Welt.<br />
Schließlich werden auch die formellen sozialstaatlichen Sicherungsnetze ausgedünnt,<br />
durch den Abbau von Leistungen, zumindest aber dadurch, daß sie nicht parallel zu den<br />
wachsenden Risiken ausgebaut werden.<br />
Insbesondere die Wohnungs- <strong>und</strong> Stadtpolitik in Deutschland hat eine lange Tradition<br />
des sozialpolitischen Ausgleichs <strong>und</strong> der Desegregation. Der Stadterweiterungsplan für<br />
Berlin von 1866 von James Hobrecht zielte als bewußter Gegenentwurf zum<br />
"englischen System", wie es Engels (1845) beschrieben hatte, auf eine kleinräumige<br />
soziale Mischung. In der Weimarer Republik dann wurde mit dem Aufbau eines<br />
gemeinnützigen Sektors, kommunaler Bodenpolitik <strong>und</strong> staatlicher<br />
Wohnungsbauförderung ein Instrumentarium geschaffen, das durch soziale Mischung<br />
<strong>und</strong> die Anhebung des Wohnungsstandards der unteren Schichten sozial integrierend