Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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staatliche Steuerung, die eine ethnisch gering segregierte Stadt anstrebt, muß an<br />
vielen Schrauben zugleich drehen: in der sozialen Sicherung, bei den<br />
Verdienstmöglichkeiten, beim Wohnungsangebot, im Bildungssystem etc.<br />
Die Frage, wie sich die Segregationsstrukturen in den Städten entwickeln, ist daher zu<br />
einem großen Teil eine Frage der ‚großen‘ Politik, jedenfalls wird sie nicht<br />
ausschließlich auf kommunaler Ebene entschieden. Für die deutschen Städte ist das<br />
‚urbane Modell‘ der <strong>Integration</strong> des Fremden, wie wir es in Kapitel 1 beschrieben<br />
haben, also die individuelle <strong>Integration</strong> auf der Basis einer gesicherten Existenz das<br />
Leitbild, aber die Voraussetzungen für dieses Modell sind immer weniger vorhanden.<br />
Das wird deutlich, wenn man sich die beiden Pole des Spektrums von<br />
<strong>Integration</strong>smodellen vor Augen führt:<br />
- einerseits das ‚europäische‘ Modell der ethnisch weitgehend homogenen Stadt, in<br />
dem die soziale <strong>Integration</strong> durch einen ausgebauten Sozialstaat abgesichert ist, <strong>und</strong><br />
in dem öffentliche Instanzen über eine staatliche Wohnungspolitik die Verteilung<br />
der Bevölkerung auf verschiedene Wohnstandorte steuern können;<br />
- andererseits das ‚amerikanische‘ Modell der Einwanderungsstadt mit großer<br />
<strong>ethnische</strong>r Heterogenität, in dem es kaum eine Existenzsicherung durch staatliche<br />
Sozialversicherung gibt, <strong>und</strong> in dem die Wohnungsversorgung völlig dem Markt<br />
überlassen ist.<br />
Im ersten Modell können sozialräumliche Fragmentierungen weitgehend vermieden<br />
werden; die Vorstellung einer individuellen <strong>Integration</strong> ohne das Netz aus informellen<br />
oder verwandtschaftlichen Netzen ist realistisch. Im zweiten Modell steuert der Markt<br />
die Verteilung der Einkommensklassen, <strong>und</strong> die Zuwanderer sind – zumindest in der<br />
ersten Zeit nach ihrer Ankunft – auf die Unterstützung ihrer <strong>ethnische</strong>n Gemeinschaft<br />
angewiesen; dies führt zu einer Stadtstruktur, die als Mosaik aus <strong>ethnische</strong>n Kolonien<br />
beschrieben werden kann, wobei sich <strong>ethnische</strong> <strong>und</strong> soziale Segregation überlagern,<br />
aber die Gesellschaft offen ist für die soziale Mobilität von Individuen, die sich dann in<br />
eine Kultur integrieren, die sich aus einem Amalgam <strong>ethnische</strong>r Kulturbestandteile<br />
entwickelt.<br />
Wo es eine relevante Einwanderung gegeben hat, hat es auch in Europa<br />
Einwanderungskolonien gegeben. Das hat das Beispiel der Ruhrpolen gezeigt. Aber die<br />
insgesamt starke Homogenität der aufnehmenden Gesellschaft hat diese zeitlich<br />
befristete Einwanderungsbewegung nach einiger Zeit vollkommen integriert. Ob das<br />
angesichts der Perspektiven der demographischen Entwicklung auch in der Zukunft so<br />
bleiben wird, ist sehr fraglich.<br />
In Frankreich werden die <strong>ethnische</strong>n Differenzierungen in der offiziellen Politik<br />
weitgehend ignoriert (vgl. Loch 1994), in England <strong>und</strong> in den Niederlanden wird mit<br />
der multikulturellen Stadt experimentiert (vgl. Baringhorst 1991 <strong>und</strong> 1999; Triesschijn<br />
1994; Entzinger 1997; Firley 1997; Penninx 1994; Riethof 1994). In Deutschland gibt<br />
es bisher noch keine einheitliche Linie, außer der, daß in den Kommunen in der Regel