12.12.2012 Aufrufe

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

90<br />

Gruppen, die neben- oder miteinander leben, auch (aufgr<strong>und</strong> eines ähnlichen<br />

Lebensstils) ohne intensive Kommunikation verstehen oder gar gemeinsame Interesse<br />

haben. Wenn noch hinzu kommt, daß die einheimische Bevölkerung die wachsende<br />

Präsenz von Ausländern im Wohngebiet als Anzeichen für einen sozialen Abstieg<br />

wahrnehmen, weil sie eigene Verlusterfahrungen (z.B. durch Arbeitslosigkeit) gemacht<br />

haben, dann ist die gegenseitige Respektierung der unwahrscheinliche Fall.<br />

Überdies findet die Kohabitation von einheimischen Modernisierungsverlierern <strong>und</strong><br />

Zuwanderern in Quartieren statt, die aufgr<strong>und</strong> ihrer sozialen Zusammensetzung – <strong>und</strong><br />

im Fall von Großwohnsiedlungen zusätzlich aufgr<strong>und</strong> ihrer Lage <strong>und</strong> ihrer<br />

städtebaulichen Merkmale – wenig Ressourcen für die Bewohner bereithalten.<br />

Im Kapitel 7 werden die Vor- <strong>und</strong> Nachteile einer <strong>ethnische</strong>n Kolonie am Beispiel der<br />

‚<strong>ethnische</strong>n Ökonomie‘ beschrieben <strong>und</strong> diskutiert.<br />

9.3 Politische Folgerungen<br />

Als allgemeiner Gr<strong>und</strong>satz wird formuliert: freiwillige Segregation sollte nicht<br />

behindert werden, der Übergang aus der Kolonie in die Mehrheitsgesellschaft aber mit<br />

allen Mitteln gefördert werden. Das führt zu der Empfehlung, eine Linie lokaler Politik<br />

zu suchen, die sich auf dem schmalen Grat bewegt, der zwischen einer Förderung der<br />

Selbstorganisation (<strong>und</strong> damit der Kolonie) <strong>und</strong> der Förderung der individuellen<br />

<strong>Integration</strong> (<strong>und</strong> damit der Auflösung der Kolonie) bewegt. Während die Kolonie als<br />

Institution dann immer bestehen bliebe, würden die Individuen durch sie<br />

hindurchwandern <strong>und</strong> nicht strukturell ausgegrenzt. Die Kolonie hätte dann die<br />

Funktion einer Durchgangsstation, wie sie in jeder Einwanderungsstadt unvermeidlich<br />

<strong>und</strong> notwendig ist.<br />

Eine Konsequenz aus dieser Linie der <strong>Integration</strong>spolitik wäre eine ‚kulturautonome<br />

<strong>Integration</strong>‘, die darauf verzichtet, die (ohnehin wirkungslose) Bekämpfung von<br />

<strong>ethnische</strong>r Segregation anzustreben, <strong>und</strong> stattdessen sowohl Selbstorganisation als auch<br />

interkulturelle Organisationen zu unterstützen.<br />

9.4 Empfehlungen<br />

Hinweise auf einzelne Elemente einer solchen Stadtpolitik werden im Kapitel 8<br />

gegeben. Damit müßte allerdings die bis heute oberste Priorität, <strong>ethnische</strong><br />

Konzentrationen vermeiden zu wollen, zugunsten einer multikulturellen Stadt<br />

aufgegeben werden. Auf der einen Seite müßte also die soziale Segregation wegen ihrer<br />

negativen Folgen für die Bewohner von ausgegrenzten Quartieren bekämpft werden, die<br />

<strong>ethnische</strong> jedoch zugelassen <strong>und</strong> durch entsprechende Angebote zu einer nur<br />

temporären Heimat für die Zuwanderer verwandelt werden. Wenn die Überlagerung<br />

von <strong>ethnische</strong>r <strong>und</strong> sozialer Segregation verhindert werden kann, kann auch die soziale<br />

<strong>und</strong> politische Fragmentierung der Stadt verhindert werden. Dies ist allerdings nur<br />

möglich, wenn die Mehrheitsgesellschaft die Wege für die individuelle <strong>Integration</strong> von<br />

Zuwanderern offen hält.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!