Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
54<br />
BfLR-Studie von 1994 (Böltken 1994) zeichneten sich eminente Unterschiede zwischen<br />
jenen ab, die Beziehungen zur Nachbarschaft ... pflegten, <strong>und</strong> jenen, die dies nicht taten:<br />
die letztere Gruppe ist deutlich weniger integrationsbereit" (Friedrichs 1998a, 256 ).<br />
Solche empirischen Ergebnisse sagen nicht mehr aus als daß die Nähe von der Nähe<br />
kommt<br />
Daß der schlichte Kausalzusammenhang, wonach räumliche Nähe per se Toleranz<br />
fördere, nicht stimmen kann, zeigt sich daran, daß in Quartieren mit hohen<br />
Ausländeranteilen der Anteil der Deutschen, die ausländerfeindliche Parteien wählen,<br />
besonders hoch ist (Friedrichs 1998a, 258). "Inter<strong>ethnische</strong> Attraktion resultiert aus<br />
inter<strong>ethnische</strong>r Kontaktintensivierung allenfalls dann, wenn es sich um Equal-Status-<br />
Kontakte handelt, d.h., wenn ausgeschlossen ist, daß sie als bedrohlich oder als<br />
staatsgefährdend wahrgenommen werden. Kontaktintensivierungen können u.U. sogar<br />
zu Vertiefungen <strong>und</strong> Verfestigungen gegenseitiger Distanzierung <strong>und</strong> Vorurteile<br />
führen" (Fijalkowski 1988, 29).<br />
Räumliche Nähe als Bedingung der Möglichkeit des Kontakts ist also nicht identisch<br />
mit sozialer Nähe, wie folgende empirischen Beobachtungen zeigen. In einer<br />
Untersuchung über Brownsville in Brooklyn, New York, wurde ein dichtes<br />
Nebeneinander von Juden der unteren Mittelschicht <strong>und</strong> Schwarzen festgestellt, aber:<br />
"Obwohl sie in enger Nachbarschaft wohnen, manchmal in denselben kleinen<br />
Mietshäusern oder in denselben Wohnblocks – haben diese Weißen <strong>und</strong> Schwarzen<br />
keine territoriale Gemeinschaft gebildet". Die räumlich unmittelbar benachbarten<br />
Schwarzen waren faktisch vom sozialen Raum der Juden ausgeschlossen (Zukin 1998,<br />
515).<br />
Ähnliches bestätigt die Untersuchung von Böltken (1999), der eine U-förmige<br />
Verteilung der Einstellungen gegenüber Ausländern im Stadtgebiet festgestellt hat. Die<br />
jeweils höchsten Ablehnungsraten finden sich in den Gebieten mit der niedrigsten <strong>und</strong><br />
in denen mit der höchsten Ausländerquote. Kontakt allein also ist offenk<strong>und</strong>ig nicht für<br />
Fremdenfeindlichkeit oder -verträglichkeit ursächlich. In den Gebieten mit sehr<br />
niedrigem Ausländeranteil ist das Ergebnis erklärbar mit der Annahme, daß es sich um<br />
Gebiete mit hohem Sozialprestige handelt, deren Bewohner eine große soziokulturelle<br />
Distanz zu Ausländern wahrnehmen <strong>und</strong> durch deren Zuzug eine Beeinträchtigung ihres<br />
Milieus befürchten – oder sogar eine Entwertung ihrer Immobilien bei Verlust der<br />
sozialen Exklusivität. Bei den Gebieten mit hohem Ausländeranteil ist zu vermuten, daß<br />
die dort wohnenden Deutschen sich überwiegend in sozial <strong>und</strong> ökonomisch prekären<br />
Lebenslagen befinden <strong>und</strong> sich durch die Anwesenheit von Ausländern zusätzlich<br />
bedroht fühlen (Anhut/Heitmeyer 2000b, 44). Die räumliche Nähe von Zuwanderern,<br />
die von den Einheimischen in der Prestige-Skala ganz unten eingeordnet werden, führt<br />
zu einer Art Status-Panik, wenn das Image des Quartiers <strong>und</strong> die Schule der Kinder von<br />
der Anwesenheit der Fremden geprägt werden.<br />
Entscheidend für die Qualität der Kontakte ist also, wer zu wem unter welchen<br />
Voraussetzungen Kontakt hat. Handelt es sich um nicht-integrierte Ausländer <strong>und</strong>