Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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Spielräume der Migranten einengen, aber ihnen keine bessere <strong>Integration</strong>sperspektive<br />
eröffnen.<br />
Das verfügbare empirische Wissen über die Differenzen zwischen ausländischer <strong>und</strong><br />
einheimischer Bevölkerung bei der Wohnungsversorgung <strong>und</strong> bei der Verteilung der<br />
Wohnstandorte im Stadtraum wird in den Kapiteln 2 <strong>und</strong> 4 zusammengefaßt.<br />
Warum Segregation überhaupt ein Problem ist, wird in Kapitel 3 diskutiert. Dabei wird<br />
festgestellt, daß die ‚<strong>ethnische</strong> Segregation‘, d.h. die Konzentration von Zuwanderern in<br />
bestimmten Quartieren nicht als solche bereits ein ‚Problem‘ darstellen muß – daß dies<br />
aber bei der ‚sozialen‘ Segregation der Fall ist. In der Realität der Städte überlagern sich<br />
nun bei den Zuwanderern beide Formen von Segregation, so daß in der Öffentlichkeit<br />
allgemein ein ‚<strong>ethnische</strong>s‘ Quartier vorschnell mit einem ‚Problemquartier‘<br />
gleichgesetzt wird. Diese Differenzierung wird erst dann möglich, wenn man die<br />
verschiedenen Gründe für Segregation auseinanderhält.<br />
Wenn man die Argumente, die für bzw. gegen die räumliche Konzentration von<br />
bestimmten Bevölkerungsgruppen in der Stadt sprechen, vergleicht (Kapitel 5), dann<br />
zeigt sich eine hohe Ambivalenz: Konzentration ist gut für Selbsthilfe <strong>und</strong><br />
Selbstvergewisserung, für politische Artikulation <strong>und</strong> den Aufbau einer speziellen<br />
Infrastruktur, sie ist aber nachteilig für Karrieren außerhalb des eigenen Viertels, für die<br />
Leistungskraft sozialer Netze <strong>und</strong> für die kulturelle <strong>Integration</strong> in die<br />
Aufnahmegesellschaft.<br />
Die scheinbare Paradoxie kann aufgelöst werden in eine kurzfristige <strong>und</strong> langfristige<br />
Wirkung: für die erste Zeit nach der Zuwanderung bietet eine <strong>ethnische</strong> Kolonie Hilfe<br />
<strong>und</strong> Orientierung, stabilisiert die eigene Identität <strong>und</strong> gibt Sicherheit für die ersten<br />
Schritte in der Fremde. Bleiben aber die Verkehrskreise der Individuen langfristig auf<br />
die Kolonie beschränkt, wirkt dies isolierend <strong>und</strong> ausgrenzend. Die Unterscheidung<br />
zwischen einer funktionalen <strong>und</strong> einer strukturellen Segregation ist daher gr<strong>und</strong>legend<br />
für die Diskussion über die Segregation von Zuwanderern: die erste fördert, die zweite<br />
behindert <strong>Integration</strong>.<br />
Analysiert man die Diskussion über Segregation (Kapitel 6), dann wird deutlich, daß sie<br />
von einigen Fehlschlüssen <strong>und</strong> vielen Mißverständnissen geprägt ist. Weder ist es<br />
üblich, den zuvor genannten Unterschied zu machen, noch wird differenziert nach der<br />
Art <strong>und</strong> Weise, wie Segregation zustande kommt, <strong>und</strong> wo eigentlich die Konflikte<br />
entstehen, die vermieden werden sollen. Eine funktionale Segregation ist auch eine<br />
freiwillige, wie sie im übrigen in verschiedenen Varianten im Stadtraum vorkommt<br />
(Quartiere der Reichen, der Familien, der Alternativszene etc.), während eine<br />
strukturelle Segregation eine erzwungene ist.<br />
Wenn sich, wie es in deutschen Städten die Regel ist, Angehörige der deutschen<br />
Unterschicht mit ebenso mittellosen Zuwanderern in unfreiwilliger Nachbarschaft<br />
treffen, kann es kaum verw<strong>und</strong>ern, daß es zu Konflikten kommt: häufige Kontakte<br />
aufgr<strong>und</strong> räumlicher Nähe haben nur dann eine integrierende Wirkung, wenn sich die