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Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung

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sek<strong>und</strong>är. Ansonsten kann er anonym <strong>und</strong> ohne nachbarschaftliche oder<br />

verwandtschaftliche Einbindung leben.<br />

9<br />

Die nachbarschafts-betonten Sozialbeziehungen der Vorortbewohner erlauben dagegen<br />

nicht, Konflikten durch blasierte Distanzierung aus dem Weg zu gehen. Das suburbane<br />

Milieu ist auf Übereinstimmung der normativen Orientierungen <strong>und</strong> der alltäglichen<br />

Verhaltensweisen angewiesen, wie sie im allgemeinen bei Angehörigen der selben<br />

sozialen Schicht <strong>und</strong> mit dem selben kulturellen Hintergr<strong>und</strong> vorzufinden ist.<br />

Ausgeschlossen sind im ersten, im ‚urbanen‘ <strong>Integration</strong>smodus diejenigen, die über<br />

keine nachgefragten Fähigkeiten, keine Ressourcen <strong>und</strong> keine Rechte verfügen – die<br />

sozusagen ‚einfach nur Mensch‘ sind. Sie sind angewiesen auf Beziehungen anderer<br />

Art, auf andere Institutionen, auf Zuwendung statt Gleichgültigkeit. Um jedoch in den<br />

informellen Netzen von Nachbarschaft oder gar Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Verwandtschaft<br />

aufgenommen zu sein, ist neben lang dauernder Seßhaftigkeit auch eine weitgehende<br />

soziale <strong>und</strong> kulturelle Ähnlichkeit Voraussetzung. Über dieses Sozialkapital verfügen<br />

Fremde, Zugereiste oder andere Neuankömmlinge per Definition nicht. Sie sind im<br />

zweiten <strong>Integration</strong>smodus ausgeschlossen.<br />

Mit der Zuwanderung wächst die Gruppe derer in den Städten, die über keine der beiden<br />

Voraussetzungen verfügen. Zuwanderer finden häufig keinen Zugang zum städtischen<br />

Arbeitsmarkt bzw. zu den Institutionen des Wohlfahrtsstaates <strong>und</strong> noch weniger zu den<br />

informellen Netzen der kulturell homogenen Bevölkerung in den suburbanen<br />

Quartieren.<br />

Orte der Fremden: weder hier noch da<br />

Im Raum der Großstadt differenzieren sich die unterschiedlichen Lebensweisen<br />

räumlich aus: die ‚urbane‘ Lebensweise findet man eher in den innerstädtischen<br />

Gebieten, die ‚suburbane‘ eher am Rande der Stadt in den Einfamilienhaus-Siedlungen<br />

oder in nahe gelegenen Dörfern. In dieses sozialräumliche Modell können sich<br />

Zuwanderer nur schwer integrieren, denn ihnen fehlen die Voraussetzungen für beide<br />

Lebensweisen: für die ‚urbane‘, anonyme <strong>und</strong> individualisierte Lebensweise fehlt ihnen<br />

zunächst der Zugang zu den ökonomischen <strong>und</strong> politischen Systemen; <strong>und</strong> für die<br />

‚suburbane‘, eher auf dichte Sozialbeziehungen orientierte Lebensweise fehlt ihnen<br />

sogar zweierlei: das gesicherte Einkommen <strong>und</strong> die kulturelle Ähnlichkeit.<br />

In den suburbanen <strong>und</strong> dörflichen Regionen sind Zuwanderer daher auch kaum zu<br />

finden, <strong>und</strong> wenn sie – wie Asyl-Suchende oder Aussiedler – zwangsweise durch die<br />

politische Administration dort untergebracht werden, gibt es häufig genug scharfen<br />

Widerstand.<br />

Orte der sichtbaren Präsenz von Zuwanderern in den Städten sind, wenn sich noch keine<br />

eigenständigen Kolonien gebildet haben oder dies mangels Masse gar nicht möglich ist,<br />

nicht zufällig die Stationen größter Flüchtigkeit <strong>und</strong> Mobilität: die Bahnhöfe, Orte des<br />

temporären Aufenthalts, offene <strong>und</strong> wahrhaft urbane Räume. Hier findet keine

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