Soziale Integration und ethnische Schichtung - Schader-Stiftung
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deutschen Bevölkerung – eine Differenzierung nach sozioökonomischem Status.<br />
Innerhalb z.B. der türkisch-stämmigen Bevölkerung hat sich im Laufe der letzten drei<br />
Jahrzehnte eine Mittelschicht herausgebildet, die aus Akademikern, Selbständigen <strong>und</strong><br />
qualifizierten Angestellten besteht, <strong>und</strong> deren Orientierungen sich nur wenig von denen<br />
der deutschen Mittelschicht unterscheiden – auch bei der Wahl des Wohnstandorts.<br />
Auch sie verlassen die weniger attraktiven Wohngebiete mit hohem Ausländeranteil<br />
<strong>und</strong> streben in die städtischen Randgebiete, wo sie in wachsender Zahl auch<br />
Wohneigentum erwerben.<br />
Aufstiegsorientierte <strong>und</strong> weitgehend assimilierte ausländische Familien mit Ausländer-<br />
Status verlassen häufig auch aus den gleichen Gründen wie die deutsche Mittelschicht<br />
die Quartiere mit einem hohen Ausländeranteil: sie fürchten um die Zukunftschancen<br />
ihrer Kinder, wenn diese in Schulen mit sehr hohem Anteil von Schülern mit einer<br />
nicht-deutschen Herkunftssprache unterrichtet werden. Die Abwanderung von<br />
deutschen <strong>und</strong> eben auch von ausländischen Haushalten mit einem höheren Sozialstatus<br />
aus den Quartieren mit einem hohen Ausländeranteil zeigt, daß es sich dabei nicht um<br />
ein ‚Ausländerproblem‘ handelt, sondern um eine berechtigte Kritik an einem<br />
Schulwesen, das die – sehr schwierigen – Probleme, die mit der Anwesenheit von<br />
Kindern aus verschiedenen nicht-deutschen Kulturen gestellt sind, nicht bewältigt.<br />
Aus der Tatsache, daß sich Ausländer in benachteiligten Quartieren konzentrieren, auf<br />
ein generelles Problem <strong>ethnische</strong>r Segregation zu schließen, ist ungerechtfertigt – <strong>und</strong><br />
unsinnig <strong>und</strong> diskriminierend ist es, wenn in einer Vielzahl von Untersuchungen zur<br />
Stadtsanierung, ohne weiter zu differenzieren der Anteil der Ausländer in einem<br />
Wohnquartier als Indikator für einen ‚sozialen Brennpunkt‘ genutzt wird. Die empirisch<br />
tatsächlich oft gegebene Überlagerung von horizontaler <strong>ethnische</strong>r Differenzierung <strong>und</strong><br />
vertikaler sozialer Ungleichheit, die für viele, aber keineswegs für alle Zuwanderer gilt,<br />
darf nicht zu dem Kurzschluß verführen, das Merkmal Konzentration von Ausländern<br />
allein definiere schon ein soziales Problem des Stadtteils.<br />
Ein bestimmter Ausländeranteil, bei dem nicht weitere Indikatoren Aufschluß über die<br />
soziale Lage der Zuwanderer geben, kann allenfalls ein Hinweis darauf sein, daß es in<br />
diesem Gebiet möglicherweise zu Konflikten kommt – <strong>und</strong> auch, daß es sich um ein<br />
benachteiligtes Gebiet handelt, weil Wohnungsmarkt <strong>und</strong> Diskriminierung die<br />
Zuwanderer in solche Quartiere lenken, die von den meisten Einheimischen gemieden<br />
werden. Mit zunehmender <strong>Integration</strong> verlassen auch Zuwanderer solche Quartiere <strong>und</strong><br />
ziehen mit wachsendem Wohlstand in die Randgebiete der Stadt.<br />
6.5 Lokale Problemlagen<br />
Wir werden im folgenden drei Themen, die unseres Erachtens den Kern der Probleme in<br />
Gebieten mit einem hohen Ausländeranteil ausmachen, genauer darstellen. Diesen Kern<br />
erkennt man, wenn man folgende Fragen beantwortet:<br />
- Mit welchen Deutschen treffen Ausländer im Stadtteil zusammen? (Kapitel 6.5.1)<br />
- Was bedeutet das Wohnen in Stadtteilen mit einem hohen Ausländeranteil? (Kapitel