Chronik 2018
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Einen offiziellen Facharzt für Magen-Darm-Krankheiten gibt es seit dem<br />
Bremer Ärztetag 1924 – und dieser wurde während des Ärztetages 1949 in Hannover<br />
wieder abgeschafft. Die berufspolitischen Aktivitäten der DGVS beherrschten<br />
deshalb über viele Jahre die Wiederanerkennung der eigenen Subspezialisierung,<br />
die mit der Einführung des Facharztes für Gastroenterologie 1968 endlich gelang.<br />
Interessanterweise verstanden sich zunächst weder die Gesellschaft für Innere<br />
Medizin (erster Kongress 1882) noch die Gesellschaft für Verdauungs- und<br />
Stoffwechselkrankheiten (erster Kongress 1914) als deutsche Organisationen im<br />
nationalen Sinne und haben das Attribut erst in den Namen aufgenommen (Deutsche<br />
Gesellschaft für Innere Medizin 1920, DGVS 1938), nachdem die deutsche<br />
Sprache in der Folge des Ersten Weltkrieges ihre Bedeutung als Lingua franca der<br />
medizinischen Wissenschaft zu Gunsten des Englischen verloren hatte. Deshalb<br />
überrascht es nicht, dass DGVS-Kongresse auch in Wien, Budapest und Amsterdam<br />
stattfanden. Im Jahr 1922 war beschlossen worden, die Jahrestagung im<br />
Wechsel zwischen Berlin und Wien auszurichten, was schließlich durch das<br />
NS-Regime unterbunden wurde. Auch heute noch führt die DGVS die Tradition einer<br />
internationalen Ausrichtung mit zahlreichen ausländischen Mitgliedern und<br />
einer Fachzeitschrift, der Zeitschrift für Gastroenterologie, fort, die gleichzeitig das<br />
offizielle Organ der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie<br />
und der Ungarischen Gesellschaft für Gastroenterologie ist.<br />
Von Anfang an war die DGVS als interdisziplinäre Fachgesellschaft angelegt,<br />
die sich seit der Grundsatzrede von Ismar Boas beim Kongress 1920 um die Einbeziehung<br />
von Grundlagenwissenschaftlern und Kollegen aus klinischen Partnerdisziplinen<br />
bemühte. Dies erklärt, warum in der 100-jährigen Geschichte fünf Chirurgen,<br />
ein Radiologe (Robert Prévôt, 1961), ein Biochemiker (Robert Ammon,<br />
1969) und ein Pathologe (Volker Becker, 1973) der DGVS vorstanden.<br />
Ähnlich wie die DGVS erlebten auch ihre Publikationsorgane eine wechselvolle<br />
Geschichte. Diese reicht vom 1895 gegründeten Archiv für Verdauungskrankheiten<br />
mit Einschluss der Stoffwechselpathologie und der Diätetik, das nach der<br />
Flucht der Familie Karger in die Schweiz heute noch als Digestion fortgeführt wird,<br />
über die 1938 in Leipzig gegründete Deutsche Zeitschrift für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten<br />
bis zu der nach dem Mauerbau erforderlichen Gründung der<br />
Zeitschrift für Gastroenterologie im Jahr 1963. Letztere feiert 2013 ihren 50. Geburtstag<br />
und ist ein essenzieller Bestandteil der Aktivitäten der DGVS mit ihren 5.000<br />
Mitgliedern sowie Mitteilungsorgan ihrer verschiedenen Fachgruppen und Verbände.<br />
Das Beste, was wir von der Geschichte haben,<br />
ist der Enthusiasmus, den sie erregt.<br />
(Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Wanderjahre)<br />
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