Chronik 2018
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1 Cappell MS, Waye JD, Farrar JT,<br />
Sleisenger MH. Fifty landmark<br />
discoveries in gastroenterology<br />
during the past 50 years, A brief<br />
history of modern gastroenterology<br />
at the millennium, Part I,<br />
Gastrointestinal procedures and<br />
upper gastrointestinal disorders,<br />
Part II, Gastrointestinal motility,<br />
nutrition, and diseases of<br />
the lower tract, liver and pancreas.<br />
Gastroenterol Clin North<br />
Am 2000; 29 (1 / 2): 223 – 263,<br />
513 – 550.<br />
100 Jahre DGVS<br />
Vorgeschichte<br />
Kapitel 1<br />
2 Hemmeter JC. XXXVI. Kleine Mitteilungen.<br />
Arch f Verdauungskr<br />
1896; 2: 510. Hemmeter erwähnt<br />
den aus Gießen stammenden Arzt<br />
Dr. med. Heinrich Salzer, der in<br />
Baltimore »den gastroenterologischen<br />
Verein [gründete], welcher<br />
[...] sich speciell mit der Therapie<br />
und Chirurgie gastroenterologischer<br />
Krankheiten« befasste. Vgl.<br />
zur Biografie Hemmeters: Hemmeter<br />
JC. Autoergographie. In:<br />
Grote LR, Hg. Die Medizin der<br />
Gegenwart in Selbstdarstellungen,<br />
Band III. Leipzig 1924; 1 – 62.<br />
3 Leven KH, Hg. Antike Medizin,<br />
Ein Lexikon. München 2005;<br />
208 – 209.<br />
Über viele Jahrhunderte stellte das Abdomen einen unsichtbaren Raum dar, in<br />
dem die Verdauungsorgane spezifischen Untersuchungen nicht zugänglich waren.<br />
Erst die Etablierung der Grundlagenfächer wie Physik, Chemie, Physiologie,<br />
Physiologische Chemie und technische Neuerungen in der zweiten Hälfte des 19.<br />
Jahrhunderts ermöglichten wichtige Erkenntnisfortschritte für das pathophysiologische<br />
Verständnis von Erkrankungen der Verdauungs- und Stoffwechselorgane.<br />
Neue diagnostische Möglichkeiten reichten weit über die bisherige Methode<br />
der Palpation des Abdomens hinaus. Die Einführung des weichen Magenschlauches<br />
um 1875 eröffnete das Studium der Magenphysiologie. 1895 machte die Entdeckung<br />
der »X-Strahlen« durch Wilhelm Conrad Röntgen die visuelle Darstellung<br />
des Magen-Darm-Traktes erstmals möglich. In der zweiten Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts revolutionierten die vollflexiblen Endoskope und die bildgebenden<br />
Methoden wie Ultraschall, Computer- und Kernspintomografie die gastroenterologische<br />
Diagnostik. Die Transparenz und die differenzierte Betrachtung der Verdauungsorgane<br />
einschließlich minimalinvasiver, interventioneller und therapeutischer<br />
Verfahren ist heute selbstverständlich. Die visuelle Wende hat neben Wort,<br />
Maß und Zahl das Bild gesetzt. Im gleichen Zeitraum erhielt die Pharmakotherapie<br />
eine wissenschaftliche Fundierung. Virologische und molekularbiologische Verfahren<br />
eröffneten zudem neue Therapiemöglichkeiten. Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
gilt daher zu Recht als das »goldene Zeitalter« der Gastroenterologie.1<br />
Der Terminus »Gastroenterologie« wurde 1896 – vermutlich erstmals – von<br />
John C. Hemmeter, einem Deutschamerikaner, der an der Universität von Maryland<br />
in Baltimore lehrte, im Archiv für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten<br />
erwähnt.2 Wenn auch die entscheidenden Fortschritte erst mit Beginn der naturwissenschaftlichen<br />
Methodik möglich wurden, bestand ein Interesse für die Abläufe<br />
im Gastrointestinaltrakt bereits weit vor der Antike.<br />
Der Darm in der Geschichte der Medizin<br />
Der Darm spielte in der Geschichte der Medizin eine wichtige Rolle, »zum einen<br />
aufgrund häufiger Erkrankungen wie Dysenterie, Geschwüre, Ileus oder Koliken,<br />
zum andern als Passage, durch die Heilmittel in den Körper eingebracht werden<br />
konnten (Zäpfchen, Klistiere)«.3 Über die genauen Vorgänge im Inneren des Körpers<br />
konnte über Jahrhunderte nur spekuliert werden, doch boten sich – in Form<br />
von Klistieren, einer strengen Diät oder auch des Verabreichens von Brechmitteln<br />
– bereits sehr früh therapeutische Maßnahmen an, die Linderung versprachen.4<br />
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