Chronik 2018
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5 Ernst AS. Die beste Prophylaxe<br />
ist der Sozialismus; 54.<br />
1946 war das mehr als die Hälfte des ärztlichen Personals.5 Diese Abwanderung<br />
führte zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin schlechten Situation des Gesundheitswesens.<br />
»Von den 137.000 Krankenhaus-Betten der Vorkriegszeit waren<br />
in der Sowjetischen Besatzungszone nur noch 60.000 vorhanden [...], von den<br />
6.500 Ärzten Berlins waren noch etwa 2.500 tätig.«6 Die Situation in der Lehre war<br />
ebenso dramatisch und wurde dadurch erschwert, dass im Zuge der Entnazifizierungsverfahren<br />
bis 1948 medizinische Hochschullehrer suspendiert wurden; für<br />
das Jahr 1947 betrug der Anteil der DDR-Medizin-Ordinarien mit Mitgliedschaften<br />
in NS-Verbänden 37,6 Prozent, für 1952, nachdem zuvor freigestellte Wissenschaftler<br />
wieder eingestellt worden waren, 48,6 Prozent.7 Kompromisse bei der Entnazifizierung<br />
durch Einzelfallentscheidungen und Wiedereinstellungen sowie die Anwerbung<br />
auswärtiger Hochschullehrer milderten den Mangel in gewissem Maße.8<br />
Als am 13. August 1961 der Bau der Berliner Mauer begann, hatte das für die<br />
in der DDR verbliebenen Wissenschaftler und Mediziner gravierende Folgen. Sie<br />
wurden von der westlichen Hemisphäre isoliert, so dass Entwicklung und Weiterbildung<br />
im Austausch mit den Kollegen jenseits der Grenzen unmöglich wurden.<br />
Gerade für junge, ambitionierte DDR-Mediziner, die sich bis dahin noch nicht etabliert<br />
hatten, bedeutete die Schließung der Grenzen eine tiefe Zäsur. Viele von ihnen<br />
waren nicht gewillt, in die SED einzutreten und im Sinne des Einparteienstaates<br />
politisch zu agieren – in der Regel eine Voraussetzung für eine akademische<br />
Karriere.<br />
Das einstige verbindende Fachorgan, die Deutsche Zeitschrift für Verdauungsund<br />
Stoffwechselkrankheiten, blieb in der DDR, Verlag und Herausgeber waren in<br />
Leipzig ansässig. Die westlichen Kollegen riefen eine eigene Fachzeitschrift ins<br />
Leben und 1963 erschien in der Bundesrepublik die erste Ausgabe der Zeitschrift<br />
für Gastroenterologie. In ihrem Vorwort betonte der Herausgeber Norbert Henning,<br />
dass man »mit den Forschergruppen anderer Länder wieder in friedlichen Wettstreit«<br />
treten wolle und »daß wir nicht mit irgendeinem anderen Blatt schädigend<br />
konkurrieren [...]«.9<br />
6 Schoenemann J. <strong>Chronik</strong> der<br />
Gesellschaft für Gastroenterologie<br />
der DDR. Stuttgart 2004; 3.<br />
7 Ernst AS. Die beste Prophylaxe<br />
ist der Sozialismus; 147.<br />
8 Ernst AS. Die beste Prophylaxe<br />
ist der Sozialismus; 148 – 170.<br />
9 Henning, N. Zur Einführung.<br />
Zeitschrift für Gastroenterologie<br />
1963; 1: 4.<br />
Fachgesellschaft<br />
Die Forschung auf dem Gebiet der Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen<br />
wurde in der jungen DDR wesentlich von Persönlichkeiten wie Gerhardt Katsch<br />
(1887 – 1961), der 1952 Präsident der gesamtdeutschen DGVS war, und dessen<br />
◀ 1965 gründete sich die Arbeitsgemeinschaft<br />
für Gastroenterologie<br />
und Ernährung, die im Juni<br />
1969 einen neuen Namen erhielt:<br />
Gesellschaft für Gastroenterologie<br />
der DDR. Martin Gülzow war der<br />
erste Präsident der Gesellschaft.<br />
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