Chronik 2018
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7 Verh Ges Verd Stoffwechselkr,<br />
XII. Tagung in Wiesbaden (12.<br />
bis 14. April 1934), Leipzig 1934,<br />
Eröffnungsansprache II; 9.<br />
sehr viel geringer als früher.«7 Die ausgeschlossenen als »nicht-arisch« klassifizierten<br />
Ärzte wurden von Hegler mit keinem Wort erwähnt. Im Vergleich zum<br />
Jahr 1932 verlor die Gesellschaft bis 1938 nahezu 50 Prozent ihrer Mitglieder.8<br />
Während der Vorstandssitzung 1934 wurde die Frage nach der Auflösung der GVS<br />
und ein Anschluss an die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin erörtert. Man<br />
entschied sich für den Erhalt der eigenständigen Gesellschaft für Verdauungsund<br />
Stoffwechselkrankheiten.9<br />
Hegler verkündete, dass es besser sei, »Bestimmungen über die Tätigkeit<br />
wissenschaftlicher Gesellschaften seitens der Regierung« abzuwarten und selbst<br />
»keinerlei bindende Entschlüsse zu fassen«10. Er beauftragte den bisherigen Generalsekretär<br />
Reinhard von den Velden mit der Wahrnehmung der Interessen der<br />
Gesellschaft. Der zurückgetretene Schatzmeister Ferdinand Blumenthal übergab<br />
das Vermögen der Gesellschaft an von den Velden »zu treuen Händen«, der ausdrücklich<br />
die Arbeit Blumenthals würdigte.11<br />
Während der 14. Tagung 1938 äußerte der Vorsitzende Erich Grafe in seiner<br />
Eröffnungsansprache: »Ehe wir uns nun dem Gegenstand unserer heutigen Verhandlung<br />
zuwenden, wollen wir des Mannes gedenken, der gerade in diesen Tagen<br />
eine neue ungeheure Tat für unser Volk ohne Krieg vollbringt und der auch<br />
unserer Arbeit neue Ziele wies und gleichzeitig die Möglichkeit schuf, ihnen nachzustreben.<br />
Unser Führer und Reichskanzler Adolf Hitler Sieg Heil!«12 Grafe spielte<br />
mit der »ungeheuren Tat für unser Volk ohne Krieg« zweifellos auf das »Münchner<br />
Abkommen« an, das sechs Tage später unterzeichnet wurde. Um die Sudetenkrise<br />
zu lösen, gaben die Regierungen Frankreichs, Italiens und Großbritanniens Hitler,<br />
was er forderte – den freien Einmarsch in die mehrheitlich von Sudetendeutschen<br />
bewohnten Teile der Tschechoslowakischen Republik.<br />
Das offene Bekenntnis zu Hitler und seiner Außenpolitik der aggressiven<br />
Provokation darf zwar einerseits nicht zu hoch bewertet werden – solche Formeln<br />
finden sich in beinahe allen halb-offiziellen oder offiziellen Reden praktisch aller<br />
damals bereits vollständig »gleichgeschalteten« Organisationen. Es zeigt aber andererseits<br />
den erfolgreichen Vollzug der »Gleichschaltung« und der Einführung<br />
des Führerprinzips.<br />
In diesem Sinne wurde zeitgleich der Name der Gesellschaft geändert. Beim<br />
Kongress 1938 in Stuttgart (abgehalten gemeinsam mit der Deutschen Pathologischen<br />
Gesellschaft) wurde zunächst noch von der »Gesellschaft für Verdauungs-<br />
8 Vgl. Mitgliederlisten. In: Verh<br />
Ges Verd Stoffwechselkr, XI.<br />
Tagung in Wien 1932. Leipzig<br />
1933; 15 – 22 und XIV. Tagung<br />
in Stuttgart 1938, Leipzig 1939;<br />
XII – XVI.<br />
9 Verh Ges Verd Stoffwechselkr,<br />
XII. Tagung in Wiesbaden, Ordentliche<br />
Mitgliederversammlung; 11.<br />
10 Ebd.<br />
11 Ebd.<br />
12 Verh Ges Verd Stoffwechselkr,<br />
XIV. Tagung in Stuttgart (22. bis<br />
24. September 1938), Leipzig<br />
1939, Eröffnungsansprache I; 4.<br />
13 Verh Ges Verd Stoffwechselkr<br />
zum Teil gemeinsam mit der Deutschen<br />
Pathologischen Gesellschaft,<br />
XIV. Tagung in Stuttgart (22. bis<br />
24. September 1938). Leipzig<br />
1939: Im Titel des Verhandlungsbandes<br />
fehlt der Zusatz »Deutsche«,<br />
im Inhaltsverzeichnis (Seite<br />
V) wird er genannt.<br />
14 Verhandlungen in Deutsche<br />
Zeitschrift f Verdauungs- und<br />
Stoffwechselkr, Sonderband: Verhandlungen<br />
der Deutschen Gesellschaft<br />
für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten,<br />
XV. Tagung in<br />
Bad Kissingen (28. – 30. September<br />
1950). Leipzig 1952.<br />
◀ Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung<br />
des Berufsbeamtentums<br />
vom 7. April 1933 änderte sich das<br />
Leben an den damals 23 deutschen<br />
Universitäten entscheidend. Jüdische<br />
Mitarbeiter wurden entlassen,<br />
für die »arischen« Dozenten<br />
bedeuteten die freien Stellen neue<br />
Aufstiegschancen. Vor allem jüngere<br />
Hochschullehrer traten in die<br />
Partei ein, manche aus Karrieregründen,<br />
andere aus ideologischer<br />
Motivation. An einzelnen Universitäten<br />
waren schon im Sommer<br />
1933 rund ein Viertel der Dozenten<br />
der NSDAP beigetreten.<br />
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