Chronik 2018
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1 Boas I. Über Ziele und Wege der<br />
Verdauungspathologie. Arch f Verdauungskr<br />
1896; 1: 1. Vgl. Boas<br />
I. Zum 25-jährigen Bestehen des<br />
Magen-Darmspezialismus, Rückblicke<br />
und Ausblicke. Arch f Verdauungskr<br />
1911; 17: 511 – 532.<br />
2 Frerichs FT. Eröffnungsrede,<br />
Erster Congress für Innere Medizin.<br />
In: Lasch HG, Schlegel B, Hg.<br />
Hundert Jahre Deutsche Gesellschaft<br />
für Innere Medizin, Die<br />
Eröffnungsreden der Vorsitzenden<br />
1882 – 1982. München 1982; 3 – 7.<br />
Die Gründung der DGVS<br />
Kapitel 2<br />
3 Boas I. Über Ziele und Wege der<br />
Verdauungspathologie; 1.<br />
4 Boas I. Autoergographie. In:<br />
Grote LR, Hg. Medizin der Gegenwart<br />
in Selbstdarstellungen, Band<br />
7. Leipzig 1928; 83.<br />
5 Jenss H. Carl Anton Ewald<br />
(1845 – 1915), Wegbereiter der<br />
Gastroenterologie. Freiburg 2009;<br />
26 – 29. Vgl. Ewald CA [Vortrag].<br />
Ansprache über Anlaß und Ziele<br />
der Tagung, 1. Tagung über Verdauungs-<br />
und Stoffwechselkrankheiten,<br />
Bad Homburg 1914. In:<br />
Verhandlungen der Ersten Tagung<br />
über Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten.<br />
Berlin 1916; 4 – 7.<br />
»Zwei Richtungen stehen sich in der modernen Heilkunde gegenüber: die eine bestrebt,<br />
die Unität der Wissenschaft zu erhalten und jede Spaltung und Zerklüftung zu verhüten,<br />
die andere, getragen von dem Gedanken, den Rohbau des medicinischen Gebäudes<br />
durch Detailarbeit zu verfeinern und auszugestalten […] die Trennung einzelner<br />
Disciplinen [wird] dem Grundstock der Wissenschaft nicht schaden, wohl aber wird die<br />
Einzelforschung, im kleinsten Punkt die größte Kraft sammelnd, koncentrierter an Ergebnissen,<br />
welche wiederum der Gesamtwissenschaft zu gute kommen.«1 Mit dieser<br />
Programmatik fasste Ismar Boas 1896 eine Debatte zusammen, die das Spannungsfeld<br />
zwischen Einheit der Inneren Medizin und Spezialisierung mit fachlichen<br />
Schwerpunkten wesentlich berührte. 14 Jahre zuvor hatte Friedrich Theodor<br />
von Frerichs in seiner Eröffnungsrede zum ersten Kongress für Innere Medizin in<br />
Wiesbaden zwar die Erfolge durch die Arbeitsteilung und den Ausbau von Einzelfächern<br />
gewürdigt, aber gleichzeitig die Einheit der Inneren Medizin beschworen<br />
und von der Einheitsidee des menschlichen Organismus gesprochen.2 Ebenso<br />
vertrat Boas einen ganzheitlichen Ansatz, blickte weit über die Organgrenzen hinaus<br />
und plädierte für »die Schärfung des Blickes für das Ganze, in der Erkennung,<br />
daß nicht Krankheit, sondern der Kranke Gegenstand ärztlicher Fürsorge«3<br />
ist. Allerdings waren nach seiner Meinung Fortschritt in der Wissenschaft und<br />
Qualität nur durch Spezialisierung und Konzentration zu erreichen. Boas hatte<br />
bereits 1886 aus seinen Überlegungen eine praktische Konsequenz gezogen und<br />
sich in einem kühnen Schritt als »Specialarzt für Magen-Darm-Krankheiten« in<br />
der Berliner Friedrichstraße niedergelassen.<br />
Für Boas selbst war diese Bezeichnung eine »abgekürzte Nomenklatur«; das<br />
Spezialfach umfasse den »gesamten Verdauungsapparat, die Leber und die Gallenwege,<br />
das Pankreas und die Erkrankungen des Peritoneums« sowie auf die<br />
»engen Beziehungen zwischen Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten«.4 Mit<br />
seinem mutigen Schritt in die Spezialisierung realisierte er eine ärztliche Differenzierung,<br />
wie sie sich in vielen Bereichen am Ende des 19. Jahrhunderts vollzog;<br />
und er antizipierte eine Entwicklung, die 38 Jahre später, 1924, mit der Einführung<br />
eines Facharztes für Magen-Darm- und Stoffwechselerkrankungen eine Bestätigung<br />
fand. Boas’ Vorschläge waren zunächst umstritten. So distanzierte sich sein<br />
Mentor Carl Anton Ewald, obwohl selbst Wegbereiter der Gastroenterologie, mit<br />
deutlichen Worten von seinem Schüler, vertrat offensiv die Einheit der Inneren<br />
Medizin und lehnte explizit eine eigenständige Spezialisierung ab; erst später korrigierte<br />
Ewald seine Haltung gegenüber dem neuen Fach.5<br />
21