Chronik 2018
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4 Garrison FH. History of Gastroenterology.<br />
American Journal<br />
of Digestive Disease 1934; 1:<br />
893 – 898.<br />
Als eines der ältesten medizinischen Lehrwerke gilt das ab dem dritten<br />
Jahrtausend v. Chr. verfasste Huáng Dì Nèi Jīng (Das klassische Lehrwerk der Inneren<br />
Medizin des Gelben Kaisers). Den Verfassern des Werkes war über den Dünndarm<br />
bereits bekannt, dass er »16 Krümmungen [macht] und [...] 2 Löcher [hat], von<br />
denen eines mit dem Magen, das andere mit dem Dickdarm kommuniziert. Er<br />
empfängt die Nahrung, verdaut sie und verwandelt sie in Chylus.«5 Die umfangreichste<br />
Quelle zur ägyptischen Medizin ist das ca. 1.500 v. Chr. verfasste Papyrus<br />
Ebers, auf welchem Krankheiten detailliert dargestellt und beinahe 900 Arzneimitteltherapien<br />
beschrieben werden. Auf dem Papyrus wird unter anderem auf<br />
die Behandlung von Patienten mit einer Obstipation eingegangen.6<br />
Die medizinischen Erkenntnisse der griechischen und römischen Antike resultierten<br />
aus empirischen Beobachtungen. Wichtigster Vertreter der antiken römischen<br />
Medizin ist Galenos aus Pergamon (etwa 129 – 216 n. Chr.), der eine detaillierte<br />
Qualitäten- und Säftelehre entwickelte. Er ordnete dabei den Körpersäften<br />
(Blut, gelbe und schwarze Galle, Schleim) jeweils ein Organ, ein Klima und eine<br />
Jahreszeit zu. Krankheiten seien auf ein schlechtes Mischverhältnis dieser Säfte<br />
zurückzuführen. Die grundlegende Idee von »Verdauung« im Altertum war, dass<br />
man sie als »ein dem Kochen vergleichbares Garmachen der Speisen dachte«.7<br />
Die von Galenos entwickelte Humoralpathologie blieb bis weit in das 18. Jahrhundert<br />
hinein das Paradigma, das die Medizin der westlichen Welt dominierte.<br />
Die Übersetzung medizinischer Texte aus dem Griechischen in semitische<br />
Sprachen ermöglichte der arabisch-islamischen Welt eine breite Rezeption der<br />
antiken Medizin. Nach der islamischen Expansion folgte auf der Iberischen Halbinsel<br />
eine Blütezeit der Medizin des arabisch-islamischen Mittelalters – das Wissen<br />
der Antike wurde assimiliert und ergänzt. Diese Phase des wissenschaftlichen<br />
und kulturellen Austausches wurde durch die »Reconquista« ab 718 zwar beendet,<br />
bildete jedoch das »wesentliche Fundament der scholastischen Medizin des<br />
westlichen Mittelalters«.8<br />
Magen und Darm im Mittelalter und in der<br />
Neuzeit in Zentraleuropa<br />
Die westlichen Gelehrten des Mittelalters konzentrierten sich auf die Exegese und<br />
Überlieferung der alten Meister und entwickelten kaum eigene Ideen. Es gab nur<br />
wenige neue Behandlungsansätze in der Medizin im Allgemeinen, geschweige<br />
5 Puschmann T, Begr, Neuburger<br />
M, Pagel J, Hg. Handbuch der<br />
Geschichte der Medizin, Band 1,<br />
Altertum und Mittelalter, Band<br />
2, Neuere Zeit. Hildesheim, New<br />
York 1971; 24.<br />
6 Pietsch W. Anschauungen<br />
über die Bedeutung von Leber<br />
und Galle im Altertum bis Galen.<br />
Rostock 1935; 11.<br />
7 Puschmann T, Neuburger<br />
M, Pagel J, Hg. Handbuch der<br />
Geschichte der Medizin; 682.<br />
8 Eckart WU. Geschichte der<br />
Medizin. Berlin 1990; 82.<br />
◀◀ Der Papyrus Ebers (etwa 1610<br />
v. Chr.) ist eine medizinische Handschrift<br />
aus dem alten Ägypten,<br />
benannt nach Georg Ebers, der sie<br />
um 1872 für die Leipziger Universitätsbibliothek<br />
in Theben erwarb.<br />
Neben einem großen Spektrum an<br />
Beschreibungen von Krankheiten<br />
– der Papyrus enthält ein eigenes<br />
Kapitel über Darmkrankheiten und<br />
Parasiten – und deren Symptomen<br />
und Diagnosen finden sich auch<br />
Anweisungen für Behandlungen<br />
sowie für die Zubereitung von<br />
Heilmitteln. Dazu werden Zaubersprüche<br />
zur Unterstützung des<br />
Heilerfolges angegeben.<br />
◀ Galenos von Pergamon war ein<br />
griechischer Arzt und Anatom,<br />
der während des 2. und 3. Jahrhunderts<br />
n. Chr. lebte. Galenos’<br />
systematisch ausgebautes Werk<br />
war derart umfangreich und philosophisch<br />
abgesichert, dass es 1.400<br />
Jahre Geistesgeschichte brauchte,<br />
es kritisch zu widerlegen. Seine<br />
Fassung der Humoralpathologie<br />
hatte als Krankheitskonzept<br />
Bestand bis ins 19. Jahrhundert.<br />
Auf der Abbildung ist ein Schema<br />
von Galenos’ Säftelehre dargestellt.<br />
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