Chronik 2018
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1 Ernst AS. »Die beste Prophylaxe<br />
ist der Sozialismus«, Ärzte und<br />
medizinische Hochschullehrer in<br />
der SBZ / DDR 1945 – 1961. Münster<br />
1997; 339.<br />
2 Jessen R. Akademische Elite und<br />
kommunistische Diktatur, Die ostdeutsche<br />
Hochschullehrerschaft<br />
in der Ulbricht-Ära. Göttingen<br />
1999; 13.<br />
Die Gesellschaft für Gastroenterologie<br />
der DDR<br />
Kapitel 5<br />
▶ Gründung der Deutschen Demokratischen<br />
Republik am 7.10.1949.<br />
Im Gebäude der Deutschen Wirtschaftskommission<br />
in Berlin fand<br />
am 7.10.1949 die 9. Tagung des<br />
Deutschen Volksrates statt, auf der<br />
die DDR gegründet wurde.<br />
▶▶ Seit dem Beginn der 1950er<br />
Jahre flohen hunderttausende<br />
DDR-Bürger in den Westen.<br />
Ihr Fluchtweg führte meist über<br />
Berlin, da dort die Grenze relativ<br />
einfach zu überwinden war. In der<br />
Nacht vom 12. auf den 13. August<br />
1961 begannen Grenztruppen der<br />
DDR mit den Vorbereitungen für<br />
den Bau der Berliner Mauer.<br />
Nach 1945 war die Situation in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und ab<br />
1949 in der DDR durch begrenzte Ressourcen, Mangel an Material und Personalknappheit<br />
gekennzeichnet. Diese Tatsachen, besonders der Ärztemangel und<br />
die dramatischen gesundheitlichen Nachkriegsprobleme, zwangen die Sowjetische<br />
Militäradministration (SMAD) und die deutschen Organe der Gesundheitsverwaltung<br />
bei der Reorganisation, bei den ursprünglich geplanten grundlegenden<br />
Veränderungen des Gesundheitswesens sowie bei der Entnazifizierung<br />
Kompromisse zu machen. Um Ärzte für die Gesundheitsversorgung in der SBZ zu<br />
halten, wurden Notlösungen und Ausnahmeregelungen getroffen.1 Administration<br />
und Partei waren auf Fachkräfte und Expertenwissen angewiesen. Kompetente<br />
Ärzte wurden für den Wiederaufbau und den Aufbau einer neuen Gesellschaft<br />
dringend gebraucht. Wie der Historiker Ralph Jessen bemerkt, war der von der<br />
SED intendierte Wandlungsprozess »langwieriger und widersprüchlicher, als es<br />
das Bild eines rücksichtslosen ›Sturms auf die Festung Wissenschaft‹ suggeriert.<br />
In der Praxis überschnitt sich die totalitäre Gesellschaftspolitik der SED-Führung<br />
nämlich immer wieder mit historischen Kontinuitäten, notgedrungenem Pragmatismus<br />
und den unerwarteten Folgen diktatorischer Allmachtsansprüche.«2<br />
Die wechselseitige Indienstnahme von Politik und Wissenschaft schuf gleichzeitig<br />
Räume für die, durch die NS-Zeit belasteten, Wissenschaftler, Angebote des<br />
Systems anzunehmen und so ihre Nachkriegskarrieren zu begründen.<br />
40 Jahre nach Gründung der DDR, im Jahr 1989, verdrängte die Diskussion<br />
um eine Aufarbeitung politischer Verwicklungen einzelner Personen beinahe jene<br />
Leistungen, die die Mitglieder der Gesellschaft für Gastroenterologie in der DDR<br />
unter schwierigen Rahmenbedingungen vor der Wiedervereinigung erbracht hat-<br />
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