28.09.2018 Aufrufe

Chronik 2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

91 Gutzeit K, Teitge H. Die Gastroskopie,<br />

Lehrbuch und Atlas. Berlin,<br />

Wien 1937.<br />

Frage, da für in Seenot geratene, abgestürzte Piloten der Mangel an Süßwasser<br />

eine Gefahr darstellte. Die Versuchsanordnung sah verschiedene Gruppen von<br />

Versuchspersonen vor: Eine Gruppe sollte dursten, eine andere erhielt Meerwasser,<br />

eine weitere konnte eine definierte Trinkwassermenge zu sich nehmen, eine<br />

vierte Gruppe erhielt Meerwasser mit einem speziellen Zusatz (Berka-Verfahren).74<br />

Die Leitung der Untersuchungen übernahm mit Eppingers Zustimmung<br />

sein Oberarzt Wilhelm Beiglböck aus der I. Medizinischen Universitätsklinik<br />

Wien; Testpersonen, die aus dem KZ Buchenwald in das KZ Dachau verlegt wurden,<br />

waren als »Zigeuner« definiert.75 Beiglböck war sich der Qualen vor allem bei<br />

den Durstversuchen bewusst und hat selbst den durch das Dursten verursachten<br />

Zustand der Versuchspersonen beschrieben.76 Zu Todesfällen ist es nicht gekommen,<br />

und Beiglböck versicherte, »dass ich die Versuche so abgebrochen habe,<br />

dass die kritische Grenze in keinem Versuch überschritten wurde«77. Die Meerwassertrink-<br />

und Durstversuche waren hinsichtlich des Versuchsansatzes im<br />

Nürnberger Ärzteprozess umstritten; ein Gutachter wie Franz Volhard vermochte<br />

in den Versuchen kein »Verbrechen gegen die Humanität«78 zu erkennen. Art und<br />

Auswahl der Versuchspersonen, die zudem unter rassischen Gesichtspunkten zusammengestellt<br />

wurden, waren aber im höchstem Maße fragwürdig. Insbesondere<br />

wegen der Freiwilligkeitsproblematik wurde Wilhelm Beiglböck zu einer fünfzehnjährigen<br />

Haftstrafe verurteilt.79<br />

Hans Eppinger, 1945 seiner Ämter enthoben, entging diesen Prozessen, indem<br />

er sich im September 1946 in Wien selbst das Leben nahm. Einerseits hatte<br />

Eppinger jüdische Mitarbeiter wie Hans Popper gefördert, andererseits sah er bei<br />

deren Vertreibung nach dem »Anschluss« Österreichs im März 1938 tatenlos zu.80<br />

Ohne Zweifel äußerte er sich mit nationalsozialistischem Vokabular im Sinne der<br />

herrschenden Ideologie, wenn er von Männern sprach, »die Träger dieser Führerrolle<br />

in einer kommenden Zeit«81 zu sein hätten. Vor allem löste seine Beteiligung<br />

an den Planungen für die geschilderten Humanversuche im KZ Dachau in den<br />

1980er Jahren internationale Diskussionen aus.82<br />

92 Vgl. Anmerkung 84.<br />

93 Teitges Habilitation 1936 an<br />

der Berliner Universität, für die<br />

G. v. Bergmann das Hauptgutachten<br />

erstellte, erfolgte gegen den<br />

Widerstand des Pharmakologen<br />

W. Heubner, der Bedenken an der<br />

wissenschaftlichen Qualifikation<br />

Teitges äußerte. Vgl. UA HUB PA<br />

UK T 010 Band III Bl. 3 – 38, hier<br />

Bl. 22. Das Habilitationsverfahren<br />

wurde aus Kreisen der NSDAP<br />

beeinflusst. Vgl. UA HUB PA UK T<br />

010 Band III Bl. 5 u. Bl. 10.<br />

94 Voswinckel P, Hg. Biographisches<br />

Lexikon der hervorragenden<br />

Ärzte der letzten fünfzig Jahre von<br />

Isidor Fischer, Band 3. Hildesheim<br />

2002; 563.<br />

95 Vgl. BArch-MA RH 12 – 23 / 215,<br />

286 (Vergleichende Therapie).<br />

96 Leyendecker B, Klapp BF. Deutsche<br />

Hepatitisforschung im Zweiten<br />

Weltkrieg. In: Ärztekammer<br />

Berlin in Zusammenarbeit mit<br />

der Bundesärztekammer, Hg. Der<br />

Wert des Menschen. Berlin 1989;<br />

261 – 293. Auch BArch-MA sowie<br />

RH 12 – 23 / 230, 237, 247, 386.<br />

97 Mitscherlich, Mielke. Medizin<br />

ohne Menschlichkeit; 127 – 129<br />

und 285.<br />

98 UA Münster, Bestand 9 ( Kurator,<br />

Sachakten, Akte: Berufungen<br />

der Med. Fak. 1951 bis 1955),<br />

Nr. 1972.<br />

99 von Bergmann G. Rückschau,<br />

Geschehen und Erleben auf meiner<br />

Lebensbühne. München<br />

1953; 279.<br />

100 Berg HH. Eröffnungsrede,<br />

15. Tagung, Bad Kissingen 1950.<br />

In: Classen M, Hg. Tagungen der<br />

Deutschen Gesellschaft; 95.<br />

101 Ebd.; 96.<br />

102 Boyle JD. The American Gastroenterological<br />

Association. The<br />

first seventyfive years. Gastroenterology<br />

1973; 65: 1021 − 1106,<br />

hier 1073.<br />

48

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!