Das Internet im pädagogischen Diskurs - Mediaculture online
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entspricht, die Umwelt sei dem Individuum kognitiv unzugänglich, Wahrnehmung erfolge<br />
aktiv, sozial gebunden und auf Vorwissen aufbauend 79 -, um dann jedoch eine Zunahme<br />
der Indirektheit und Mittelbarkeit von Erfahrung mit dem medientechnischen Fortschritt zu<br />
konstatieren: „Die direkte, unmittelbare Begegnung mit anderen Menschen wird ersetzt<br />
durch einen mediatisierten, technisch umgeleiteten und anonymen<br />
Einbahnstraßenkontakt“. 80<br />
ZÖPFL ignoriert hier schlichtweg die interaktiven Potentiale neuer Medienentwicklungen;<br />
die Rezeption audiovisueller Medien wird als eine rein passive konzipiert, der noch nicht<br />
einmal der Status ‘sinnliche Betätigung’ zukommt: „Der Verlust sinnlicher Betätigungen<br />
reduziert den Menschen auf ein Funktionswesen nach dem Reiz-Reaktions-Schema, das<br />
weitgehend durch den Konsumdruck gesteuert wird“. Dieser veralteten behaviouristischen<br />
Rezeptionskonzeption wird ein Schreckensszenario der Virtualisierung an die Seite<br />
gestellt: Mediale Sekundärerfahrungen, der „Rückzug in virtuelle Welten“, führten zu<br />
einem Verwischen der Grenzen zwischen Realität und Fiktion; Jugendliche würden so<br />
„der realen Alltagswelt entfremdet. Anstrengung, [...] Verzicht und Askese können so in<br />
ihrer grundsätzlichen Bedeutung von jungen Menschen kaum mehr erkannt werden“. 81<br />
Bei ZÖPFL wie bei GÖTZ-HENRICH ist zu fragen, ob die vorgenommene Trennung<br />
zwischen ‘Realität’ und ‘Medienwelten’ empirisch haltbar ist; das sowohl angesichts der<br />
Fragwürdigkeit einer Dichotomie ‘real’ - ‘virtuell’ aus konstruktivistischer Perspektive<br />
(siehe dazu oben unter 2.2.2.) als auch angesichts der Beobachtung, dass Lebenswelten<br />
Jugendlicher zunehmend Medienwelten sind, dass eine kategorische Trennung zwischen<br />
‘lebensweltlicher Erfahrung’ und ‘sekundär vermittelter medialer Erfahrung’ also <strong>im</strong>mer<br />
weniger Sinn macht.<br />
Bei beiden überrascht ferner, wie wenig das <strong>Internet</strong> selbst überhaupt thematisiert wird:<br />
So spricht GÖTZ-HENRICH zwar am Rande vom Computereinsatz, von Datenbanken und<br />
Hypertext, ‘<strong>Internet</strong>’ wird in pädagogischem Kontext jedoch nur einmal erwähnt (in einer<br />
Arbeit von 1996 über ‘Erziehung und Bildung in der Informationsgesellschaft’I), und zwar<br />
79 vgl. SCHMIDT 1994, S. 42f.<br />
80 ZÖPFL 1997, S. 86<br />
81 a.a.O., S.88 und S. 90<br />
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