Das Internet im pädagogischen Diskurs - Mediaculture online
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http://www.mediaculture-<strong>online</strong>.de<br />
Ziehen wir ein Resümee: Im hier untersuchten Ausschnitt des deutschsprachigen<br />
<strong>pädagogischen</strong> <strong>Diskurs</strong>es scheint eine differenzierte Kritik der spezifischen Medialität des<br />
<strong>Internet</strong> erst langsam zu entstehen bzw. rezipiert zu werden. An vielen Orten bleibt die<br />
pädagogisch-theoretische Analyse weit hinter der technischen Entwicklung zurück, unter<br />
Etiketten wie ‘neue Medien’, ‘Informationsgesellschaft’ oder auch ‘Generation @’ finden<br />
sich Gemeinplätze aus 230 Jahren pädagogischer Kritik an Sekundärerfahrung und<br />
Mediatisierung, fokussiert insbesondere auf das Fernsehen; neue Potentiale des <strong>Internet</strong><br />
werden in diesem <strong>Diskurs</strong> nur am Rande berücksichtigt.<br />
Wo die medialen Besonderheiten bei der Nutzung des <strong>Internet</strong> (mit dem Schwerpunkt auf<br />
jugendlicher Freizeitnutzung) in der <strong>pädagogischen</strong> Reflexion problematisiert werden,<br />
finden sich einerseits potentiell gegenmoderne Motive von ‘Überflutung’ und<br />
‘Orientierungslosigkeit’, andererseits werden internetbedingte Tendenzen zur<br />
Radikalisierung von Individualisierungsprozessen zwar wahrgenommen, jedoch in einer<br />
oft auf die Komponente des ‘Disembedding’ verkürzten Weise. Differenziertere Ansätze,<br />
die Prozesse des ‘Reembedding’ auf der Ebene des Netzes und Chancen der Virtualität<br />
nicht kategorisch abwerten bzw. ausblenden, finden sich fast nur bei NichtPädagogen<br />
(DÖRING, VOGELSANG, TURKLE - eine Ausnahme ist hier RÖLL).<br />
Mit den vorherrschenden Defizitbeschreibungen werden verschiedenste Ziele verfolgt: Auf<br />
der meta<strong>pädagogischen</strong> Ebene wird für mehr Zeit für Kinder, Förderung der<br />
Volksgesundheit und mehr Freizeitpädagogik (ZÖPFL, OPASCHOWSKI), für mehr<br />
Medienpädagogik (BAACKE) und für eine Reform von Schule und Unterricht (SCHULTE)<br />
plädiert. Auf der <strong>pädagogischen</strong> Ebene finden sich teils gegensätzliche Variationen über<br />
das Thema ‘Medienmündigkeit’: Während BAACKE und SCHORB eher an einer<br />
Kompetenzsteigerung der Nutzerinnen gelegen ist, wird bei ZÖPFL, GÖTZ-HENRICH und<br />
OPASCHOWSKI eine Erziehung zur Mäßigung des Medienkonsums bzw. Prävention von<br />
Mediensucht fokussiert.<br />
OPASCHOWSKI wendet sich hier dezidiert gegen das Leitbild des mündigen Nutzers -<br />
dieses täusche kontrafaktisch eine „heile Lebenswirklichkeit vor, in der Kinder und<br />
Jugendliche souverän mit der medialen Angebotsvielfalt umgehen können“ - sowie gegen<br />
Versuche der „Instrumentalisierung der Medien für pädagogisch-therapeutische Zwecke“.<br />
Zwar nicht Medienverzicht, aber die „Anleitung zu weniger Medienkonsum“ wird hier zur<br />
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