Das Internet im pädagogischen Diskurs - Mediaculture online
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gelingen, wenn er/sie sich nun enger an die jeweiligen Kommunikationsregeln hält bzw. in<br />
kleineren Schritten und mit Blick auf mögliche Verbündete an deren Veränderung arbeitet.<br />
Mit anderen Worten: Es erscheint mir nicht zulässig, die Tendenz einer internetbedingten<br />
Radikalisierung von Individualisierungsprozessen auf die D<strong>im</strong>ension des ‘Disembedding’,<br />
der Herauslösung aus den lokalen Zusammenhängen und der pr<strong>im</strong>ären Kommunikation<br />
zu verkürzen, vielmehr sollte auch die D<strong>im</strong>ension des ‘Reembedding’ in neu entstehenden<br />
Ordnungen (etwa in virtuellen Gemeinschaften) Beachtung finden. 94<br />
Kritik am <strong>pädagogischen</strong> Lamento über den Verfall der Pr<strong>im</strong>ärerfahrung kommt derzeit vor<br />
allem noch aus dem soziologischen Lager; so weist PAETAU darauf hin, dass die<br />
Geschichte der Kommunikation seit je als Geschichte ihrer Mediatisierung zu lesen sei,<br />
dass Entkoppelung und Mediatisierung von Kommunikation Gesellschaft stabilisiere und<br />
dass also eine normative Orientierung an unmittelbarer Kommunikation zwar für<br />
best<strong>im</strong>mte sozialpsychologische Fragestellungen sinnvoll, gesellschaftstheoretisch jedoch<br />
nicht haltbar sei. 95<br />
Auch soziologisch, aber pädagogisch anschlussfähiger (allein schon durch die<br />
Veröffentlichung in einer <strong>pädagogischen</strong> Zeitschrift) argumentiert VOGELGESANG in<br />
seinem Beitrag über die jugendlichen Subkulturen der ‘Netzfreaks’, der Bewohnerinnen<br />
virtueller Welten. Wie bei PAETAU wird zunächst gegen die Abwertung virtueller<br />
gegenüber ‘ursprünglicher’ Erfahrung Stellung bezogen. Diese Abwertung, die sich oft auf<br />
angebliche anthropologische Konstanten berufe, sei tatsächlich als normative Setzung zu<br />
dekonstruieren. Statt dessen müsse man sich vielmehr „beide Formen der Welterfahrung<br />
[...] als auf der gleichen Ebene liegend und einander ergänzend“ vorstellen. 96<br />
Mit doppelter Zielrichtung gegen die Rede von der mediatisierungsbedingten<br />
Erlebnisarmut einerseits 97 und andererseits gegen JAN-UWE ROGGEs These, hinter der<br />
massiven Inanspruchnahme des medienkulturellen Erlebnisangebots durch Jugendliche<br />
94 siehe dazu auch oben unter 3.2.1. und 3.2.2.<br />
95 vgl. PAETAU 1997, S. 106f. sowie S. 123<br />
96 VOGELGESANG 1997, S. 28<br />
97 zu finden etwa bei ZÖPFL (1997, S. 89): „einfaches, unmittelbares Spiel [...1 ‘ermöglicht Welt-Begreifen<br />
und Welt-Erfassen [...] ... ein subtiles Ventil, um negative Erfahrungen wie Kränkungen, Ärger,<br />
Demütigungen auf eine neue Ebene zu heben und dabei zu verarbeiten’ - Wie armselig und pädagogisch<br />
wertlos erweisen sich davon ausgehend die meisten Computer- und Videospiele!“ (enthält ein Zitat von<br />
HANNE TÜGEL)<br />
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