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„Motivdiagnostik anhand physiologischer Reaktionen auf Filmszenen“

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Theoretische Grundlagen 22<br />

Obwohl sich in der Verhaltensantwort nachgewiesenermaßen die basalen Motive der Person<br />

widerspiegeln, erscheint es intuitiv näher liegend, das Motiv an einem früheren Punkt in der<br />

Kette zu messen. Schließlich sind bis zur Verhaltensantwort verschiedene Schritte<br />

erforderlich, die die Qualität der Messung beeinträchtigen können. So sind die Prozesse des<br />

Enkodierens der Bilder und des Geschichtenschreibens doch sehr stark an bewusste höhere<br />

kognitive Prozesse und die Sprache gebunden. Damit ist immer auch die Gefahr verbunden,<br />

dass die unbewussten Tendenzen durch selbstreflexive Prozesse verfälscht oder überlagert<br />

werden. Auch wird eine Person, die mit dem Motivkonzept und dem TAT vertraut ist, kaum<br />

unbefangen und frei von Selbstreflexion Phantasiegeschichten schreiben können. Zudem<br />

gehen verbalisierte Schemata und allgemeine Prozesse der Sprachproduktion in den TAT ein.<br />

Daher ist unklar, ob diese aktiven Produktionsprozesse die Messung eher stören, weil sie<br />

spontane Interpretationsbesonderheiten überlagern, oder ob sie stattdessen ein integrierter<br />

Bestandteil des Motivkonstruktes sein sollen. Dies ist ein noch ungeklärter theoretischer<br />

Punkt, der über die rein methodische Betrachtung hinausgeht.<br />

McClellands (1985) Auffassung impliziter Motive und der Metapher einer „spezifisch<br />

eingefärbten Brille“ (Rheinberg, 2004, S. 65) käme es näher, wenn man die Motivmessung<br />

direkt an dem Punkt vornehmen würde, in dem Person und Situation <strong>auf</strong>einander treffen (in<br />

Abbildung 3 rot hervorgehoben). Obwohl die dort abl<strong>auf</strong>enden Prozesse in diesem Modell<br />

nicht näher beschrieben sind, implizieren die oben dargestellten Befunde, dass hier die<br />

situativen Anreize in der Person einen antizipatorischen affektiven Erregungszustand<br />

auslösen. In dem resultierenden Zustand erhöhter <strong>physiologischer</strong> Erregung besteht ein<br />

potenzieller Motivindikator, der eine unmittelbare und damit weniger störanfällige<br />

Motivmessung ermöglichen könnte.<br />

Ein zusätzlicher Vorteil dieser Messung bestünde in der optimierten Auswertung. Die<br />

herkömmliche Auswertung der TAT-Geschichten ist nämlich kaum ohne subjektive Einflüsse<br />

möglich. Für jeden Auswertungsschlüssel gibt es zwar ein sehr ausführliches Manual, das<br />

genaue Anweisungen enthält, welche Inhalte für welches Motiv gewertet werden, jedoch gibt<br />

es immer uneindeutige Fälle, die die Objektivität einschränken. Um eine befriedigende<br />

Objektivität zu gewährleisten, werden die Auswerter, mit dem Ziel eine hohe Übereinstimmung<br />

mit einem Experten zu erreichen, <strong>auf</strong>wendig geschult. Mit dem Einsatz physiologisch<br />

basierter Motivmessungen wäre sowohl eine Objektivierung als auch eine Vereinfachung der<br />

Auswertung gewährleistet. Die physiologischen Kennwerte, die die durch einen<br />

motivspezifischen Reiz ausgelöste Erregung abbilden, stellen ein objektiveres Maß dar. Die<br />

Auswertung erfordert keine weiteren Interpretation und keine speziell geschulten Experten.

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