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6. Angewandte Navigation und Seemannschaft<br />
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Richtung Festland und nachts – meist etwa ab Mitternacht – umgekehrt von<br />
Land in Richtung See. Der nächtliche ablandige Wind kann keinen hohen Seegang<br />
aufbauen wegen der relativ kurzen Wirkungsstrecke (genannt Fetch)<br />
über die schmale Wasserfläche zwischen Küste und Schiff. Folglich ist in dieser<br />
Situation bei gleicher Windstärke das Segeln bei Nacht ruhiger als am Tag.<br />
Woher holt sich aber der Segler die Information darüber, ob mit thermischen<br />
Winden zu rechnen ist? In erster Linie aus der Bodenwetterkarte (Internet,<br />
Hafenbüro) mit eingezeichneten Isobaren, also der Lage der Hoch- und Tiefdruckgebiete.<br />
Eine ausgeprägte Hochdrucklage über einer Küste mit großer<br />
Landmasse einerseits und großer Seefläche andererseits erzeugt – zumindest<br />
im Sommer – immer thermische Winde. Der Küste vorgelagerte Inseln wie<br />
beispielsweise in Griechenland oder in der Türkei oder an der Côte d’Azur in<br />
Frankreich erschweren allerdings die Interpretation der Wetterkarte, denn sie<br />
erwärmen sich natürlich wie das Festland und erzeugen folglich Turbulenzen,<br />
die schwer vorhersehbar sind. Dies ist unter anderem der Grund für die zum<br />
Beispiel in der Ägäis oft unangekündigt einfallenden Böen in Küstennähe.<br />
Einfacher hingegen zu analysieren ist die Wetterlage an einer klar gegliederten<br />
Küste wie der italienischen Adria: auf der einen Seite nur Land, auf der<br />
anderen nur Wasser.<br />
Normalerweise werden thermisch bedingte Winde auch in den über Seefunk<br />
(UKW) ausgestrahlten Wetterberichten genannt, aber verlassen Sie sich nicht<br />
darauf!<br />
Neben der Analyse der Wetterlage gehört in jedem Fall für das Segeln bei<br />
Nacht eine systematische Überprüfung der kompletten Ausrüstung des Schiffes<br />
dazu.<br />
Folgende Aspekte sind dabei zu beachten:<br />
Stauen von Ausrüstung unter Deck<br />
In der Nacht noch konsequenter als am Tag müssen alle Dinge so gestaut<br />
sein, dass sie nicht herumfliegen können, aber dennoch leicht zu finden sind.<br />
Handlampen, Rettungswesten, Lifelines, Schreibutensilien, Thermoskannen<br />
mit warmen Getränken, Snacks für die Wache … alles sollte griffbereit sein.<br />
Auf einem längeren Törn ist ein Stauplan dabei durchaus hilfreich.<br />
Lose Ausrüstung an Deck<br />
Unfallursache Nummer eins an Bord, und natürlich insbesondere bei Nacht, ist<br />
das Stolpern oder Ausrutschen auf unachtsam an Deck herumliegenden, unaufgeschossenen<br />
Leinen. Alle Stolperfallen müssen beseitigt werden: Leinen,<br />
Fender, Bootshaken, Beiboot, Beibootriemen, Klappfahrrad ... Das Deck muss<br />
so aufgeklart sein, dass die Crew – falls nötig – auch ohne Beleuchtung vom<br />
Cockpit sicher zum Vordeck gehen kann.