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immobilien - Fokus

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eines Versehens entsteht, welches jedem – auch einem sonst<br />

sehr sorgfältigen Menschen unterläuft – kann (die rechtzeitige<br />

Nachzahlung des Mietzinses vorausgesetzt) der Verlust<br />

der Wohnung verhindert werden. Fehler des Hauseigentümers<br />

oder der Verwaltung, Fehlbuchungen des Mietzinses, unrichtige,<br />

wenn auch irrtümlich von der Hausverwaltung an den<br />

Mieter erteilte Auskünfte bewirken, dass kein Verschulden<br />

und schon gar kein grobes Verschulden vorliegt.<br />

Bei Mietzinsminderung<br />

ist Vorsicht geboten.<br />

Wenn Beeinträchtigungen im vereinbarten Gebrauch der<br />

Wohnung (das ABGB spricht hier etwas altertümlich vom<br />

bedungenen Gebrauch) gegeben sind, darf der Mietzins gemäß<br />

§ 1096 ABGB gemindert werden. Das Mietzinsminderungsrecht<br />

besteht ex lege, es bedarf also keines Urteilsspruchs oder<br />

einer richterlichen Entscheidung, um Mietzins einbehalten zu<br />

dürfen. Fraglich ist, wie hoch solch ein Einbehalt vorgenommen<br />

werden darf. Dann, wenn die Wohnung überhaupt zu<br />

Wohnzwecken nicht mehr geeignet ist, kann kein vollständiger<br />

Mietzins gerechtfertigt sein, unter Umständen ist in solch<br />

einem Fall gerade noch eine Lagermiete gerechtfertigt, da der<br />

Mieter noch seine Sachen in der Wohnung verwahren kann.<br />

Das Mietzinsminderungsrecht ist stets relativ bzw. verhältnismäßig<br />

sohin von der Art und der Intensität der Beeinträchtigung<br />

abhängig, weshalb größte Vorsicht geboten ist. Bei allen<br />

Fällen der Mietzinsminderung ist es angezeigt, anwaltlichen<br />

Rat oder den Rat der vielen Mieterorganisationen einzuholen.<br />

Wer wegen geringfügigsten Beeinträchtigungen einen vollständigen,<br />

hunderprozentigen Mietzinseinbehalt vornimmt,<br />

läuft Gefahr, wegen Rechthaberei nicht in das Privileg der<br />

Nachzahlung des Mietzinses im Sinne des oben erwähnten<br />

§ 33 Abs. 2 und Abs. 3 MRG zu gelangen. Sofern eine Ausnahme<br />

vom Mietrechtsgesetz vorliegt, greift dieses Schutzinstrumentarium<br />

(überhaupt) nicht.<br />

Fällt die Wohnung bzw. das Geschäftslokal in den Anwendungsbereich<br />

des MRG, kann innerhalb einer Präklusivfrist<br />

von drei Jahren ab Mietvertragsabschluss der Mietzins im<br />

Sinne des § 16 i. V. m. § 37 MRG auch der Höhe nach überprüft<br />

werden. Kaufleute müssen den Mietzins aber (spätestens) bei<br />

Übergabe des Geschäftslokals „rügen“, um dieses Mietzinsüberprüfungsrecht<br />

nicht zu verlieren. .<br />

RICHTWERTMIETZINS. In Wien ist der Mietzins für Wohnungen<br />

der so genannte Richtwertmietzins. Er basiert auf dem für<br />

jedes Bundesland verlautbarten Richtwert und Zu- und Abschlägen<br />

zu diesem. Hier wird individuell spezifisch auf die<br />

Wohnung und die Wohnumgebung abgestellt und durch Sachverständige<br />

(im Gerichtsverfahren) und die Magistratsabteilung<br />

25 im Verfahren vor der Schlichtungsstelle eine Kontrolle<br />

des gesetzlichen Mietzinses vorgenommen.<br />

Der Richtwertmietzins ist ein nach oben gedeckelter Mietzins.<br />

Er soll niedriger als der „angemessene“ Mietzins, welcher pri-<br />

MAI/JUNI 2010<br />

mär bei Geschäftslokalen zur Anwendung gelangt, sein. Der<br />

angemessene Mietzins wiederum ist jener Mietzins, der bei<br />

gewissen Wohnungen, aber insbesonders bei Geschäftslokalen<br />

herangezogen wird. Er bestimmt sich nach Lage, Größe<br />

und Art des Objekts. Der „Friedenskronenzins“ ist eher von<br />

historischem Interesse. Er wurde im letzten Friedensmonat<br />

vor dem Ersten Weltkrieg im Juli 1914 festgesetzt, da die Hyperinflation<br />

während des Krieges nicht die Wohnungsnot vergrößern<br />

sollte – aus diesem Grunde wurden auch die Mieten<br />

eingefroren. Der Kategoriemietzins, welcher bis zum Inkrafttreten<br />

des dritten Wohnrechtsänderungsgesetzes am 1. März<br />

1994 der Standard-Mietzins war und eine starre Regelung der<br />

Mietzinse vorsah sowie wenig individualistisch auf die einzelnen<br />

Wohnungen und ihre oft unterschiedlichen Ausstattungen<br />

eingehen konnte, ist mittlerweile ebenfalls weitgehend<br />

Geschichte.<br />

MIETVORSCHREIBUNG. Der Richtwertmietzins ist nunmehr der für<br />

den Großteil der Wohnungen anwendbare Mietzins. Es gibt zwar<br />

eine Vielzahl an Ausnahmen und dann ist – in Ausnahmefällen<br />

auch für Wohnungen – der angemessene Mietzins heranziehbar.<br />

Generell ist zu bemerken, dass der Richtwertmietzins mit seinem<br />

System eines auf Basis des geltenden Richtwertes (für Wien<br />

derzeit netto EUR 4,73 pro Quadratmeter und Zu- und Abschlägen<br />

je nach unterschiedlicher Lage und Ausstattung der Wohnung)<br />

eine mittlerweile 15-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich<br />

hat. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Richtwertgesetzes<br />

gab es in der juristischen Fachliteratur eine Vielzahl an Skeptikern<br />

und Kritikern. Diese haben den Richtwertmietzins als wenig<br />

praktikabel und kaum vorhersehbar gesehen. Das Gegenteil<br />

hat sich im Laufe der Jahre bewahrheitet. Durch den Sockelbetrag<br />

des pro Bundesland veröffentlichten Richtwertes und die<br />

Zu- und Abschläge zum Richtwert ist es möglich, einen individuellen<br />

Mietzins für die jeweilige Wohnung und Wohnumgebung<br />

festzulegen.<br />

Es besteht eine reichhaltige Judikatur, welcher die zuschlagsrelevanten<br />

Sachverhalte genauso entnommen werden können<br />

wie die für Abschläge zum Richtwert maßgeblichen Fakten.<br />

Näheres finden Sie im Fachbuch „Der Mietzins“. Mag. Franz<br />

Strafella, ein gerichtlich beeideter und zertifizierter Immobiliensachverständiger,<br />

und RA Dr. Erich René Karauscheck haben<br />

auf 245 Seiten in einer auf den Mietzins beschränkten Monografie<br />

den Mietzins in all seinen Facetten analysiert. Das Buch ist<br />

im Linde Verlag erschienen – http://www.lindeverlag.at/titel-0-0/<br />

der_mietzins-3874/. �<br />

Der Autor<br />

Dr. Erich René Karauscheck ist ein<br />

auf Immobilienrecht spezialisierter<br />

Partner der Themmer, Toth & Partner<br />

Rechtsanwälte GmbH<br />

1010 Wien, Biberstraße 15<br />

Tel. 01/515 06, Fax 01/515 06-16<br />

erich.karauscheck@ttplaw.at<br />

FOKUS I HOME & BUSINESS 63

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