14.02.2013 Aufrufe

immobilien - Fokus

immobilien - Fokus

immobilien - Fokus

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Schüller, Expertin für Loyalitätsmarketing<br />

und Initiatorin der Studie. „Klassische<br />

Neukundengewinnung ist kostspielig,<br />

aber genau dorthin fließen heute die<br />

meisten Ressourcen. Bestehende Zahler<br />

fühlen sich nur noch zweitklassig behandelt<br />

und bleiben dann enttäuscht aus.“<br />

Die Gründe für das Defizit reichen seitens<br />

der Chefetagen von falschen Einschätzungen<br />

über das „Wird schon nichts<br />

passieren“-Prinzip bis zur mentalen<br />

Schieflage. Schüller: „Abtrünnigen nachzulaufen<br />

hat einen entwürdigenden Beigeschmack.<br />

Man feiert lieber zweifelhafte<br />

Siege im New Business, selbst wenn diese<br />

mit Streuverlusten und viel Investment<br />

erkauft werden. Verlorene Kunden sind<br />

wenig geliebte Kinder des Vertriebs und<br />

zeigen Niederlagen auf.“<br />

Ebenso im Bereich Customer Relationship<br />

Management. In Vorstandsreden ein<br />

beliebter Terminus, in der Praxis beschränkt<br />

sich die Beziehungspflege auf<br />

den Gutschein zum Geburtstag. Insider<br />

wissen, warum Bosse hier abblocken: zu<br />

aufwendig, zu teuer, zu langfristig. Viele<br />

Manager registrieren nur im Ernstfall<br />

steigender Abgänge, dass instabile Beziehungen<br />

das Budget stressen können.<br />

Denn eine Stammklientel bringt immer<br />

mehr Einnahmen als Laufkundschaft.<br />

Doch sogar im ehemaligen zahlenden<br />

Publikum ist noch erhebliches Potenzial<br />

verborgen: Wer es schafft, jemand zum<br />

Comeback zu bewegen, darf mit Loyalität<br />

rechnen. Doch der Weg ist steinig: Gründe<br />

müssen geortet werden, Maßnahmen<br />

müssen eingeleitet werden, dazu kommt<br />

Erfolgskontrolle – kein leichter Job.<br />

SCHWEIGEN IN DER CHEFETAGE. Doch dazu<br />

komt es sehr oft erst gar nicht. Die Mehrzahl<br />

der von FOKUS kontaktierten heimischen<br />

Unternehmen, von Mobilfunkern<br />

bis zu Assekuranzen, reagierten auf die<br />

Frage nach gezielten Maßnahmen gegen<br />

Kundenflucht einheitlich: mit konsequentem<br />

Schweigen oder blumigen Ausflüchten.<br />

Andere sprechen Klartext, so<br />

wie ein Stromkonzern. „Gezielte Rückgewinnungsaktionen<br />

gibt es beim Verbund<br />

nicht. Investiert wird in Bindungsmaßnahmen<br />

Es wechseln auch nur vereinzelt<br />

Kunden. Sie werden über den Ablauf informiert,<br />

gleichzeitig erhalten sie Hinweise<br />

auf Vorteile des Angebots“, erklärt<br />

Verbund-Sprecherin Beate McGinn. Andere<br />

wiederum vertrauen auf definierte<br />

MAI/JUNI 2010<br />

Maßnahmen. „Die Bank Austria verfügt<br />

über den ,Churn Prevention‘-Prozess. Ziel<br />

ist es, abwanderungsgefährdete Kunden<br />

rechtzeitig zu erkennen“, so Markus Wagner,<br />

Leiter Kundenbindung. „Diese Personen<br />

werden von unserem Callcenter hinsichtlich<br />

ihrer Zufriedenheit befragt. Das<br />

Ergebnis wird erfasst und falls erforderlich<br />

an den Betreuer weitergeleitet, um<br />

weitere Schritte zu setzen.“<br />

Auch bei UPC Austria, Anbieter von Breitband<br />

Internet-, TV- und Telefonservices,<br />

existiert ein Frühwarnystem: „Unser Unternehmen<br />

führt laufend Kundenbefragungen<br />

durch. Unter dem Begriff ,Satisfactory<br />

Check‘ sollen alle Bedürfnisse in<br />

Bezug auf Produkte, technische Lösungen<br />

sowie Service erfasst werden“, sagt Silvia<br />

Schöpf, Vice President Customer Care &<br />

Billing.<br />

ABGANG. Häufig enden Geschäftsbeziehungen<br />

nämlich durch Faktoren, die man<br />

nicht automatisch auf der Rechnung hat.<br />

Schöpf: „ Wir haben gelernt, dass oft nicht<br />

Preis oder Leistung die Gründe für eine<br />

Abwanderung sind, sondern nur eine<br />

Übersiedelung. Hier leisten unsere Mitarbeiter<br />

Erklärungsarbeit und offerieren<br />

unser Umzugsservice.“<br />

Auch T-Mobile lässt nichts anbrennen.<br />

„Kunden, die schon eine schriftliche Kündigung<br />

schicken, werden durch ein speziell<br />

geschultes Team, bestehend aus etwa<br />

30 Personen, über die Ursachen befragt<br />

oder erhalten ein neues Angebot“, erläutert<br />

Sprecher Christian Rothmüller. Was<br />

andere auch gerne tun würden, aber an<br />

strukturellen Gegebenheiten scheitern.<br />

So können unter anderem große Handelsketten<br />

nur sehr schwer feststelen, welcher<br />

Kunde nicht mehr an ihren Kassen steht.<br />

In jedem Fall aber lohnt sich Überzeugungsarbeit:<br />

Laut einer Umfrage von Ciao<br />

Survey sind neun von zehn Personen bereit<br />

zur Rückkehr in den von ihnen einst<br />

verlassenen Konsumhafen. Soziales Internet<br />

könnte hier bald als Beschleuniger<br />

wirken.<br />

Stetiges Monitoring von Verbraucherforen<br />

etwa bringt jene in den Radar, die<br />

dann beispielseise ihren Unmut über<br />

einen Mobilfunker posten. Der betreffende<br />

Telco kann dann aktiv auf den User<br />

zugehen, bevor er seinen Vertrag kündigt.<br />

So verhindert Web 2.0 vielleicht bei so<br />

manch wankelmütigem Verbraucher den<br />

„Abgang 1.0“ … �<br />

VERSCHOLLENER<br />

EINKAUFSWAGEN<br />

Loyalitätsmarketing-Expertin<br />

Anne M. Schüller im Blitzinterview<br />

Sind flüchtende Kunden heute Business-Alltag?<br />

Schüller: Die Aufmerksamkeit der<br />

Manager gilt primär der Technik,<br />

der Faktor Mensch bleibt auf der<br />

Strecke. So wird in Geschäften oft<br />

mehr in Videoüberwachung investiert<br />

als in hilfsbereite Mitarbeiter.<br />

Man kümmert sich eher um einen<br />

verschollenen Einkaufswagen als um<br />

Kundenverluste.<br />

Wie vertreibt man Kunden am effizientesten?<br />

Da gibt es einige gute Gelegenheiten.<br />

Besonders wirksame Loyalitätszerstörer<br />

sind Austauschbarkeit, Preisaktionismus,<br />

emotionale Kälte oder<br />

auch dauernd wechselnde Ansprechpartner<br />

in Betrieben oder Filialen.<br />

Gibt es andererseits Firmen, die<br />

wirksam gegenagieren?<br />

Viele Unternehmen tun was, aber<br />

schlecht. Wer droht und seine Verträge<br />

nicht einfach verlängert, kann<br />

abräumen. Gutscheine, Nachlässe,<br />

Wunsch-Handys. Doch brave Kunden,<br />

die stillschweigend Jahr zu Jahr<br />

bleiben, bekommen nichts. Untreue<br />

wird belohnt, Treue bestraft.<br />

Wie sollen Führungskräfte vorgehen?<br />

Das Hauptproblem ist, dass ja viele<br />

Manager immer noch glauben, Kunden<br />

seien bloß mit Geld zu ködern.<br />

Dabei zeigen Praxiserfahrungen immer<br />

wieder, dass emotionale Gründe<br />

hier meist die Hauptrolle spielen.<br />

FOKUS I HOME & BUSINESS 77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!