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Bibliai Imádságok - Gál Ferenc Hittudományi Főiskola

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Jutta Haussmann<br />

Psalm 114 in geschichtlicher<br />

und kosmischer Perspektive<br />

Alttestamentliche Theologie ist ohne Geschichtsbezogenheit kaum denkbar. Wesentliche<br />

Elemente habe ihren Ansatz in geschichtlichen Erfahrungen – die Befreiungserfahrung<br />

im Exodus, die Verpflichtung des Volkes im Rahmen der Wüstenwanderung<br />

am Sinai, die messianische Erwartung – u.a. aus den Erfahrungen mit dem Königtum<br />

herausgewachsen usw. usw. Daneben ist dem AT gemeinsam mit dem AO das mythologische<br />

Element, das sich in besonderer Weise in den kosmischen Bezügen wiederfindet.<br />

Einer der Texte, in denen sich beide Elemente verbinden, ist Psalm 114. In der<br />

LXX wird er mit Psalm 115 zu einer Einheit zusammengenommen, was zu zahlreichen<br />

Diskussionen in der Forschung geführt hat über das Für und Wider einer ursprünglichen<br />

Einheit beider Texte. 1 Mein Vortrag orientiert sich am MT und wird sich so allein auf<br />

Psalm 114 konzentrieren. Dies umso mehr, als Witte einen weiteren Versuch der<br />

Zuordnung gemacht hat, indem er Ps 114 an Ps 113 anbindet 2 und damit die Diskussion<br />

noch einmal in eine ganz andere Richtung eröffnet.<br />

Zunächst soll ein Blick auf den Aufbau des Psalms erfolgen: Er besteht aus vier<br />

Teilen, die jeweils 2 nahezu symmetrisch formulierte Verse enthalten. 3 Der erste und der<br />

letzte Teil sind durch den Verweis auf Jakob (Haus Jakobs v. 1 bzw. Gott Jakobs v. 7)<br />

1<br />

Nach DELITZSCH, FRANZ, Biblischer Commentar über die Psalmen, Leipzig 4 1883, 738, geschieht<br />

dieses Zusammenfügen „ungeschickter Weise”; vgl. KRAUS, H.-J., Psalmen II, BK XV/2,<br />

Neukirchen–Vluyn 5 1978, 954: Dieser Psalm ist in jeder Beziehung eine selbständige Größe.”<br />

Anders hingegen u.a. LUBSCZYK, H., Einheit und heilsgeschichtliche Bedeutung von Ps 114/114<br />

(113), BZ NF 11, 1967,161–173, da 164, der sich für die Einheit von Ps 114 und 115 einsetzt,<br />

unter anderem auf den abrupten Schluss von Ps 114 und den unvermittelten Einsatz von Ps 115<br />

verweisend. Darüber hinaus sieht er in der Kombination beider das Ritual der Bundeserneuerung<br />

widerspiegelt – im Vergleich mit Jos 24 und Ps 135. Der Vergelich der Textpassagen zeit jedoch,<br />

dass es keineswegs ein so klar übereinstimmender Aufbau ist, wie es Lubsczyk vorgibt. Gleiches<br />

gilt für Prinsloo, G. T., Psalm 114 and 115: one or two poems? OTE 16, 2003, 669–690, dessen<br />

Tabelle auf S. 686 deutlich zeigt, dass jeweils Bezüge innerhalb vn Ps 114 und Ps 115 sind, zwischen<br />

den beiden solche aber nur durch ein vor Ps 114 vorgesetztes Hallel bestehen, welches aber<br />

im hebräischen Text nicht zu finden ist.<br />

2<br />

WITTE, M., Psalm 114 – Überlegungen zu seiner Komposition im Kontext der Psalmen 113<br />

und 115, in: DIEHL, J.F./HEITZENRÖDER, R./WITTE, M. (Hg.), „Einen Altar von Erde mache<br />

mir…”, FS D. Conrad, KAANT 4/5, Waltrop 2003, 293–311.<br />

3<br />

Eine sehr präzise, detaillierte Analyse des Psalms findet sich bei BAUER, U. F. W. Eine<br />

literarische Analyse von Psalm CXIV, VT LI, 2001, 289–311.<br />

aufeinander bezogen. In den beiden mittleren Teilen wiederholt sich der Wortgebrauch<br />

von v. 3–4 wesentlich in v. 5–6. Dies lässt an einen chiastischen Aufbau denken, der die<br />

Aufmerksamkeit auf den Mittelteil lenkt. Zugleich fällt jedoch auf, dass Teil 4 nicht<br />

wirklich Teil 1 entspricht und so eher ein klimaktischer Aufbau wahrgenommen werden<br />

kann. Gerstenberger spricht gar von einem dramatischen Aufbau: Er sieht in v. 1–2 einen<br />

account of exodus (claim) und in v. 3–8 die Dramatisierung, die durch einen mythical<br />

account (v. 3–4), ridicule (v. 5–6) und exhortation (v. 7–8) gestaltet wird. 4<br />

Der Einsatz des Psalms erfolgt mit einem zeitlichen ", kombiniert mit dem Infinitiv<br />

cstr der Wurzel acy 5 . Mit der gleichzeitigen Erwähnung Ägyptens werden wir so in die<br />

Zeit des Exodus zurückversetzt. Als Aktanten werden uns im par. membr. Israel wie das<br />

Haus Jakob vor Augen geführt. Parallel zur Rede von Ägypten als dem Ort des Herausgehens<br />

lesen wir vom unverständlich redenden Volk (z[l ~[). z[l begegnet als hapax<br />

legomenon, das aber wohl mit Blick auf Jes 5,15; 33,19; Dtn 28,49 6 als ’nicht verstehbar<br />

reden’ verstanden werden kann. 7 Im folgenden v. 2 werden dann Juda und Israel als<br />

grammatische Subjekte parallel zueinander gebraucht, die angesichts der Verwendung<br />

von hyh mit l 8 nicht mehr eigentliche Akteure bleiben, sondern als solche auftreten, die<br />

zu etwas werden und damit solche, die an sich handeln lassen. Die Qualifikation Judas<br />

als wvdq 9 setzt Juda in eine qualitative Beziehung zu JHWH, der allerdingss weder hier<br />

noch im vorangegangenen v. 1 genannt wird. 10 Dass das Suffix sich auf JHWH bezieht,<br />

kann nur rückgeschlossen werden aus ähnlichen, eindeutigen Formulierungen wie Ex<br />

4<br />

GERSTENBERGER, E. S., Psalms, Part 2, and Lamentations, fotl xv, Grand Rapids/Michigan,<br />

2001, 28. Dieser so durchstrukturierte Aufbau spricht eindeutig gegen die These von BRIGGS,<br />

Ch.A./BRIGGS, E. G., A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Psalms, Vol. II, ICC,<br />

Edingburgh 1907 (1960), 391, nach dem v.2 eine Glosse ist und so die eigentliche Fortsetzung von<br />

v. 1 in v. 3 erfolge. Auch die Frage nach der Einheitlichkeit von Ps 114 und 115 könnte durch den<br />

chiastischen Aufbau noch einmal zugunsten der Selbständigkeit von Ps 114 entschieden werden.<br />

5<br />

Ein Verb, das besonders in der priesterlichen Sprache zum Fachterminus wurde, um die<br />

Komponenten Hinausführung aus Ägypten, Befreiung, Aufbruch zu Neuem zum Ausdruck zu<br />

bringen, aber auch den Aufbruch zum Kampf konnotieren kann, so mit Zenger, E., „Mit meinem<br />

Gott überspringe ich Mauern”, Psalmen. Auslegungen Bd. 1, Freiburg 2003 (aktualisiert von<br />

2 1996), 132f.<br />

6<br />

Auch Jer 5,15 mit der Paronomasie z[l/ !wvl, vgl. Bauer, 302.<br />

7<br />

Vgl. auch in der LXX 8"@L $"D$"D@L, „but this may bemisleading a people speaking a<br />

foreign language usully suggest a hostile nation cf. Isa. 28:11; Jer 5:15)”, Anderson. A.A., The<br />

Book of Psalms Vol. 2, NceB, London 1972, 783. Das Motiv ’Israel in Aegypten’ ist nach Zenger,<br />

134, „in unserem Psalm demnach zugleich Metapher für Heimat- und Hilflosigkeit, Isolation und<br />

Paraexistenz, kulturelle und religiöse Destabilisierung”.<br />

8<br />

Damit wird sowohl die Qualifikation als Heiligtum wie auch die als Herrschaftsbereich zu<br />

einer, die durch den Exodus ermöglicht wurde, also eine durch ein geschichtliches Ereignis bedingte,<br />

nicht aber seit aller Zeit gültige ist.<br />

9<br />

Zur Gemeinde als Heiligtum Gottes vgl. Lev 19,2. Briggs, 391, verweist darüber hinaus auf<br />

Ex 15,17; Ps 78,68–69.<br />

10<br />

Das ungewöhnliche Offenlassen der Bezugsperson wird von RENAUD, B., Les deux lectures<br />

du Ps 114, RevScRel 52,1978,14–28, deutlich hervorgehoben, 16.<br />

PSALM 114 IN GESCHICHTLICHER UND KOSMISCHER PERSPEKTIVE<br />

29<br />

30 Jutta Haussmann

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