Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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122 Wem gehört die Welt? Die Eigentumsfrage in einer <strong>Solidarische</strong>n Ökonomie<br />
Wissen im weitesten Sinne weiterzuentwickeln. Und sie verschaffen einseitig<br />
den Rechte-InhaberInnen Vorteile und Ausschlussrechte. Patente, Copyrights,<br />
Sortenschutz und markenschutzrechtliche Bestimmungen werden in ihrer Gültigkeit<br />
seit Jahren zeitlich und räumlich immer mehr ausgedehnt sowie in ihrer<br />
Substanz verschärft.<br />
Deshalb liest sich die Fortsetzung der drei Beispielberichte durchaus alarmierend:<br />
Die HeilerInnen-Gemeinschaft in Mexiko wurde vor einigen Jahren von<br />
WissenschaftlerInnen eines groß angelegten Bioprospektionsprojektes besucht.<br />
Obwohl zur besseren lokalen Verständigung ein mexikanisches Institut mit<br />
Recherchen zu alten Heilmitteln vor Ort beauftragt worden war, erfuhren die<br />
Aktiven bei Compitch bald, dass ein internationales Konsortium bestehend aus<br />
einer US-amerikanischen Universität, einer britischen Pharmafi rma und diesem<br />
Institut die groß angelegte Erhebung vorbereitet hatte. Ein wichtiges Ziel der<br />
Unternehmung war die Patentierung attraktiver pfl anzlicher Wirkstoffe. Die<br />
Möglichkeit von Patenten auf die Heilmittel, die Compitch gerade vor dem<br />
Vergessen bewahrt hatte, empfanden die HeilerInnen als Unverschämtheit. Sie<br />
entschieden sich, zu schweigen und zu protestieren und zwangen so die BioprospektorInnen,<br />
unverrichteter Dinge die Region zu verlassen.<br />
Saatgut für die Landwirtschaft wird in den Industrieländern heute fast zu<br />
100% von kommerziellen Zuchtbetrieben entwickelt und über Märkte gehandelt.<br />
Die großen ZüchterInnen haben sich bedeutende Teile des traditionellen<br />
Wissens und der alten, standortangepassten Sorten angeeignet und verfügen<br />
nun über Monopolrechte. Erschreckend viele Landsorten sind im Rahmen der<br />
Industrialisierung der Landwirtschaft verloren gegangen. Die Landwirte heute<br />
sind abhängig von den ZüchterInnen, müssen Lizenzgebühren auf das Saatgut<br />
bezahlen und z.T. auch Nachbaugebühren, wenn sie Teile ihrer eigenen Ernte<br />
zur Wiederaussaat nutzen möchten. In vielen Ländern fi nden Kämpfe darum<br />
statt. In Deutschland organisierten sich Bauern in der Interessengemeinschaft<br />
gegen Nachbaugebühren (IGN), um den ZüchterInnen wirkungsvoll entgegentreten<br />
zu können.<br />
Die Softwareindustrie setzt sich mit massiver Lobbyarbeit für Softwarepatente<br />
auch in Europa ein. Gleichzeitig entwickelt sie immer weitgehendere<br />
technische Instrumente, um den freien Austausch von Daten zu unterbinden.<br />
Das neue Betriebssystem »Windows Vista« setzt stark auf technische Barrieren<br />
gegen das Kopieren von Programmen und Dateien. Die Unterhaltungsindustrie<br />
investiert große Summen in ihre Kriminalisierungskampagne »Raubkopierer<br />
sind Verbrecher«. Sie bemüht sich sehr, die verantwortlichen PolitikerInnen von<br />
der Dramatik der »Piraterie« zu überzeugen – mit beachtlichen Erfolgen, wie<br />
wiederholte Erklärungen der Bundeskanzlerin Merkel zeigen.