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Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag

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Heinz Weinhausen: Die »Sozialistische Selbsthilfe Mülheim«<br />

Heinz Weinhausen<br />

Die »Sozialistische Selbsthilfe Mülheim«<br />

<strong>Solidarische</strong> Ökonomie für Ausgegrenzte<br />

Gunnar ist neu bei der Kölner »Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim« (SSM). 1<br />

Vor einiger Zeit lebte er noch in seinem alten Fiat, weil er es in seinem Elternhaus<br />

nicht mehr ausgehalten hatte und keine andere Bleibe wusste. Als es im<br />

September draußen zu kalt wurde, kam er in eine der Morgensitzungen unserer<br />

Selbsthilfegruppe. Er hatte in der Obdachlosenzeitung »Querkopf« gelesen,<br />

dass man bei uns mitarbeiten und wohnen könne. Ranne erklärte ihm die<br />

SSM. »Wir sind hier 20 Leute auf dem früheren Fabrikgelände, und jeder hat<br />

hier sein Zimmer oder seine Wohnung. Wir haben keinen Chef. Alles, was die<br />

Gruppe angeht, wird auf unseren Gruppentreffen besprochen und entschieden.<br />

Mit unserem LKW verdienen wir unser Geld am ersten Arbeitsmarkt durch<br />

Wohnungsaufl ösungen, durch Umzüge, manchmal auch Fernumzüge. Wenn die<br />

entsorgten Möbel und der Hausrat noch gut erhalten sind, verkaufen wir sie im<br />

Laden. Bei uns wird aber auch die Selbstversorgung groß geschrieben.«<br />

»Selbstversorgung, wie macht ihr das denn?«, will Gunnar wissen. »Unsere<br />

Wohnungen und Zimmer haben wir uns selber ausgebaut. Die Häuser halten wir<br />

instand. Das Holz zum Heizen sägen wir selbst, und meistens fi nden wir unsere<br />

Kleidung, Möbel und Küchengeräte usw. bei den gespendeten oder entrümpelten<br />

Sachen. Montags bis freitags gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Bei uns gilt<br />

alles, was der Gruppe wichtig ist, als Arbeit, nicht nur das Geldverdienen. Also<br />

nicht nur die Umzüge, die Haushaltsaufl ösungen oder der Ladendienst, auch<br />

das Betreuen der Kinder ist Arbeit oder wenn jemand den Hof kehrt, Blumen<br />

pfl anzt oder sich in einer Stadtteilinitiative engagiert. Wir nennen unser Konzept<br />

›Neue Arbeit‹: Jede und jeder soll nicht nur Geld verdienen, sondern auch Eigenarbeit<br />

machen und sich im Stadtteil oder für neue Projekte engagieren. Wir<br />

wollen unabhängig sein, daher nehmen wir kein Arbeitslosengeld, haben auch<br />

keine Ein-Euro-Jobs hier. Jedes Mitglied bekommt ein gleiches Taschengeld.<br />

Bei uns kann jeder mitmachen, egal ob Ausbildung oder keine. Auch Behinderte<br />

können mitmachen. Zur Zeit ist hier Freddy, der anders intelligent ist.<br />

Wir erwarten also keine olympiareifen Leistungen, wohl aber, dass sich jeder<br />

seinen Möglichkeiten entsprechend einbringt. Du hast übrigens Glück. Zur Zeit<br />

haben wir ein Zimmer frei. Du kannst direkt mitmachen und sehen, ob das hier<br />

für Dich passend ist.«<br />

1 www.ssm-koeln.org<br />

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