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Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag

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Oliver Bierhoff: Aneignung und Enteignung<br />

125<br />

vatisierung natürlicher Ressourcen mit Hilfe der naturrechtlichen Argumentation<br />

(»Frucht eigener Arbeit«) höchst fragwürdig. Ebenso steht es um die Annahme,<br />

dass alles, was in Privateigentum überführt wurde, zuvor quasi »frei« war, von<br />

niemandem besessen und genutzt. Und wer, müssen sich die Konventionalisten<br />

angesichts der unbestreitbaren Tatsache des Vorhandenseins zahlreicher Nicht-<br />

EigentümerInnen fragen lassen, sind diejenigen, die sich wechselseitig als EigentümerInnen<br />

anerkennen? Und wie sind sie zu EigentümerInnen und die anderen<br />

zu Nicht-EigentümerInnen geworden?<br />

Aufschlussreicher scheinen da eher Ansätze einer kritischen Eigentumstheorie<br />

in der Tradition von Marx. Sein Verdienst ist es, den Eigentumsbegriff aus seiner<br />

juristisch verengten Fassung gelöst und zentrale Aspekte eines ökonomisch-gesellschaftlichen<br />

Verständnisses von Eigentum entwickelt zu haben. Eigentum<br />

beruht demnach auf einem Prozess, bei dem die private Aneignung von Gütern<br />

mit einer gesellschaftlichen Enteignung einhergeht, indem die betreffenden<br />

Güter monopolisiert, privaten Profi tinteressen unterworfen und öffentlichen<br />

Nutzungschancen entzogen werden. Davon ausgehend lässt sich insbesondere<br />

die Geschichte der Moderne als eine kontinuierliche Abfolge von Trennungs-<br />

und Enteignungsprozessen begreifen, die die gesellschaftlich umfassende<br />

Ausbildung von Privateigentum erst ermöglichten. Eigentum ist somit immer<br />

Aneignung und Enteignung zugleich, da es immer andere ausschließt. Deutlich<br />

wird damit auch, dass es beim Eigentum nicht lediglich um Verhältnisse von<br />

Personen und Sachen geht, wie es in bürgerlichen Eigentumstheorien erscheint,<br />

sondern vor allem um Verhältnisse zwischen Personen in Bezug auf bestimmte<br />

Sachen, also um gesellschaftliche Verhältnisse. Die Objekte, Güter, Ressourcen,<br />

die im Hinblick auf Aneignungsprozesse von Interesse sind, sind dabei in<br />

aller Regel solche, die für das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben von<br />

entscheidender Bedeutung sind (z.B. Produktionsmittel, Produkte, Ressourcen).<br />

Eigentumsfragen sind entsprechend nicht bloß juristische oder philosophische,<br />

sondern eminent politische. Sie befassen sich damit, wie etwa die Mittel zur<br />

Produktion und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens verteilt sind und<br />

welche Konsequenzen sich daraus für die Verteilung von gesellschaftlichen<br />

Teilhabe- und Lebenschancen ergeben. Aus dieser Perspektive gehört die<br />

Eigentumsfrage nach wie vor zu den zentralen Konfl iktlinien des modernen<br />

Kapitalismus. Denn Ungleichheit, Macht und Herrschaft werden maßgeblich<br />

durch die Möglichkeit bestimmt, sich Güter aneignen und über Eigentum verfügen<br />

zu können – oder eben nicht.<br />

Zugleich stellt sich die Eigentumsfrage aber auch mit Blick auf mögliche<br />

Wege zu einer anderen, einer solidarischen Ökonomie. Dabei sollte die berechtigte<br />

Kritik an der Vorherrschaft kapitalistischen Privateigentums nicht mit einer<br />

Pauschalkritik jeglichen Eigentums nach dem Motto »Eigentum ist Diebstahl«

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