Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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178 <strong>Solidarische</strong> Unternehmen wirtschaften anders<br />
Alois Wilhelm<br />
Wirtschaftlicher Erfolg, Solidarität und Demokratie –<br />
wie geht das im eigenen Betrieb zusammen?<br />
Der Sozialwissenschaftler Franz Oppenheimer behauptete schon vor über 100<br />
Jahren: »Nur äußerst selten gelangt eine Produktivgenossenschaft zur Blüte.<br />
Wo sie aber zur Blüte gelangt, hört sie auf Produktivgenossenschaft zu sein.«<br />
Mit diesem Spannungsfeld befasste sich ein Workshop des Kongresses. Einige<br />
VertreterInnen von typischen Alternativbetrieben waren mit dabei: Druckgewerbe<br />
(Oktoberdruck), Umweltpädagogik (Energie- & Umweltzentrum am<br />
Deister), Erneuerbare Energien (Hydrowatt, Wagner & Co), Ökologischer Baustoffhandel<br />
(Biber), Biogärtnerei. Es ging also um Produktivgenossenschaften<br />
in Deutschland. Mit Blick auf die Kollektiv-Betriebe in den letzten 30 Jahren<br />
kommt man nicht umhin, dass der bereits hundertjährige Begriff der Produktivgenossenschaft<br />
immer noch ein konkurrenzlos, gut brauchbares Werkzeug für die<br />
Durchleuchtung solcher Unternehmungen ist. Mögen sie sich Alternativ-Betrieb,<br />
Selbstverwaltungs-Betrieb oder Kollektiv-Betrieb genannt haben und als einige<br />
Restexemplaren noch nennen, die Frage ist, wie weit sie die Prinzipien der<br />
Genossenschaft erfüllen, wie sie Burghard Flieger benennt: das Förderprinzip,<br />
das Identitätsprinzip, das Demokratieprinzip und das Solidarprinzip.<br />
Das Förderprinzip bei Genossenschaften ist erfüllt, wenn die GenossInnen<br />
gefördert werden. Unabhängig davon, ob ein weiterer gemeinnütziger Zweck<br />
verfolgt wird. Auch wird der Zwittercharakter der Genossenschaft schon in diesem<br />
Förderprinzip deutlich, da die GenossInnen sowohl KapitalbesitzerInnen,<br />
wie auch ArbeiterInnen sind. Einerseits müssen Investitionen getätigt werden,<br />
der Firmenwert erhöht werden, Arbeitsabläufe effektiviert werden, sprich mit<br />
Stress und Intensität behaftet sein. Andererseits sollen ein angemessener Lohn,<br />
humane Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und Erfolgsbeteiligungen dabei<br />
herausspringen. »Erhöhung des Firmenwerts« heißt bei der Solarfi rma »Wagner<br />
& Co«, dass Gewinne zum größten Teil zur Aufstockung des Eigenkapitals<br />
verwendet werden. »Stress und Arbeitsintensität« sind teilweise die Folge von<br />
Zielvereinbarungen, welche Wagner & Co mit seinen MitarbeiterInnen schließt.<br />
Trotzdem bemerken neu hinzu kommende MitarbeiterInnen immer wieder<br />
das gute Betriebsklima. Es gibt eine betriebliche Altersvorsorge, betriebliches<br />
Kindergeld und Sonderzahlungen an alle MitarbeiterInnen, wenn Gewinne<br />
anfallen.<br />
Identität in Reinform hieße, dass alle MitarbeiterInnen vom ersten Tag an<br />
auch KapitalbesitzerInnen wären. In diesem Fall gäbe es keine mitarbeitenden