Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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82 Neoliberaler Umbau und <strong>Solidarische</strong> Ökonomie<br />
Entwicklung angesehen, in der Gemeinschaft sollen heilende Kräfte daraus<br />
entstehen. Viele Artabana-Mitglieder sind aus der Krankenkasse ausgetreten.<br />
Die Coingemeinschaft Gesundheit will Leistungen bezahlbar machen, die<br />
von Krankenkassen nicht übernommen werden. Angeschlossene Anbieter von<br />
Gesundheitsleistungen akzeptieren die Komplementärwährung Coin und lassen<br />
sich einen Teil ihrer Rechnungen damit bezahlen. Wer bei angeschlossenen<br />
Geschäften einkauft (mit Euros), erhält 6% des Rechnungbetrags in Coins<br />
erstattet und kann diese zur (anteiligen) Bezahlung von Gesundheitsleistungen<br />
einsetzen. Bei Bedürftigkeit können Coins auch kostenlos zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
Ein kurzer Blick über die Grenze<br />
In Japan werden mit der Zeitwährung Fureai Kippu Pfl egeleistungen bezahlt, die<br />
in privaten Haushalten erbracht werden. Wer andere pfl egt, kann die gleiche Anzahl<br />
Pfl egestunden für sich selbst oder für Angehörige in Anspruch nehmen.<br />
In der venezolanischen Genossenschaft Cecosesola werden durch ein Gesundheitszentrum,<br />
das ohne staatliche Unterstützung aufgebaut wurde, monatlich<br />
etwa 10.000 Behandlungen durchführt. Dabei spielen naturheilkundliche Verfahren<br />
eine große Rolle. Mitglieder der Genossenschaft zahlen einen regelmäßigen<br />
Beitrag in einen Gesundheitsfonds und erhalten die Leistungen dafür teilweise<br />
gratis (Allgemeinmedizin, Frauen- und Kinderheilkunde), teilweise zu günstigen<br />
Konditionen. Innerhalb der Genossenschaft gibt es einen starken Identitätszusammenhang<br />
mit dem eigenen Gesundheitszentrum, es wird erwartet, dass die<br />
GenossInnen im Gesundheitszentrum mitarbeiten. Nichtmitglieder zahlen mehr,<br />
aber auch für sie sind die Preise günstiger als in anderen Einrichtungen.<br />
Der Kampf um den Zugang zu bezahlbaren Medikamenten spielt in vielen<br />
Ländern eine wichtige Rolle. So werden zum Beispiel in Argentinien in<br />
selbstverwalteten Projekten eigene Apotheken gegründet, in denen Generika<br />
(wirkstoffgleiche Kopien von Markenmitteln) verkauft werden.<br />
Medico international führt in Asien und Lateinamerika verschiedene medizinische<br />
Projekte durch, zum Beispiel zur Ausbildung von medizinischem<br />
Personal, zum Aufbau von Gesundheitszentren und Krankenversicherungen<br />
und teilweise auch zur Herstellung von Medikamenten. Die Rolle der ÄrztInnen<br />
wird entmystifi ziert, denn in vielen Fällen können etwa auch Krankenschwestern<br />
qualifi zierte Hilfe leisten und damit zu einer besseren Versorgungssituation<br />
beitragen.<br />
Problematisch sind die Vermarktungsstrategien der Pharmakonzerne, die<br />
ungeeignete und überteuerte Medikamente propagieren, was zur Folge hat, dass<br />
selbst Arme im Glauben, was teuer ist sei auch gut, die kostenlosen Gesundheitsangebote<br />
zu wenig nutzen.