Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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Alois Wilhelm: Wirtschaftlicher Erfolg, Solidarität und Demokratie<br />
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Nicht-GenossInnen und keine nicht-mitarbeitenden GenossInnen. In der Regel<br />
kann man allerdings erst nach einer gewissen Zeit der Betriebszugehörigkeit<br />
Kapitalanteile erwerben. Manchen wird dies verwehrt, andere wollen erst gar<br />
nicht und temporär beschäftigte Aushilfen bleiben sowieso außen vor. Bei Wagner<br />
& Co gibt es zur Zeit unter den 250 MitarbeiterInnen 70 GesellschafterInnen<br />
der GmbH. Einer der Gründe, warum die Zahl der MitarbeiterInnen und der<br />
GesellschafterInnen bei Wagner & Co so weit auseinander liegen, ist das schnelle<br />
Wachstum. Es gibt sehr viele neue MitarbeiterInnen. Außerdem werden nicht alle<br />
MitarbeiterInnen nach einer bestimmten Zeit automatisch GesellschafterInnen.<br />
Die Aufnahme hängt vom Wohlwollen der bereits vorhandenen GesellschafterInnen<br />
ab. Der moderate Einstiegsbetrag von derzeit ca. 7.000 Euro sollte allerdings<br />
– gemessen am Firmenwert – niemanden davon abhalten, GesellschafterIn<br />
zu werden, insbesondere da derzeit auch keine persönlichen Bürgschaften für<br />
Fremdkapital verlangt werden. Allerdings gibt es bei den AltgesellschafterInnen<br />
durch den hohen akkumulierten Firmenwert und die Gewinnerwartungen Widerstände,<br />
den Kuchen mit Neuen zu teilen. Dies hat auch Oppenheimer schon<br />
vorausgesehen, indem er von der »Sperrung weiterer Mitglieder« sprach. Hier<br />
eröffnet sich auch die Problematik des Ausstiegs von AltgesellschafterInnen:<br />
Was bekommen Sie bei Ihrem Ausstieg? Einige TeilnehmerInnen des Workshops<br />
sahen in dieser Frage sogar den Hauptgrund für das Scheitern vieler Projekte.<br />
Um ein Gegengewicht gegen das weitere Durchlöchern des Identitätsprinzips in<br />
der Hand zu haben, gibt es beim Bio-Baustoffhandel »Biber« den Zwang, nach<br />
einer bestimmten Betriebszugehörigkeitszeit GesellschafterIn zu werden.<br />
In der Gründungswelle der Alternativbetriebe stand praktizierte Demokratie<br />
ganz oben und das möglichst nach dem Konsensprinzip anstatt dem Mehrheitsprinzip.<br />
Dass die Mitbestimmung wichtiger war als das Einkommen, ist<br />
den neuen sozialen Bewegungen geschuldet. Die neuen sozialen Bewegungen<br />
wurden von einer kulturellen Linken anstatt von einer sozialen Linken mitgetragen<br />
(Bernd Hüttner). Schon der Hinweis, dass diese Betriebe hauptsächlich<br />
in Universitätsstädten gegründet wurden, lässt ahnen, dass der Impuls nicht aus<br />
sozialer Not kam. Allerorten wurde in Plena entschieden. Das wird bei Wachstum<br />
schwierig und alternative UnternehmensberaterInnen rieten sogar, Kollektive zu<br />
teilen (Matthias Neuling). Nun, bei Wagner & Co hat sich anstatt dessen eine<br />
repräsentative Demokratie entwickelt. Oberstes Organ ist die Gesellschafterversammlung.<br />
Sie tagt ca. alle zwei Monate. Die Gesellschafterversammlung<br />
und MitarbeiterInnen wählen einen 15-köpfi gen Firmenrat, der alle 14 Tage<br />
zusammen mit der 3-köpfi gen Geschäftsführung aktuelle Entscheidungen trifft.<br />
Statt Konsensentscheidungen werden Mehrheitsentscheidungen getroffen.<br />
Solidarität kann nicht verordnet werden. Es kommt also darauf an, dass in<br />
solchen Betrieben Menschen mit solidarischer Einstellung zusammen kommen.