Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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166 Internationale Erfahrungen und Zusammenarbeit<br />
Millionen potenziell zu Agrarzwecken nutzbarem Land. Man ist weit davon<br />
entfernt, den Lebensmittelbedarf des Landes auch nur annährend zu decken.<br />
Ideologische Grundlage dieser neuen Arbeitsformen sind die so genannte endogene<br />
Entwicklung und die »economia popular«. In großem Ausmaß wurden<br />
diese Organisations- und Wirtschaftsformen dann mittels des Berufsausbildungsprogramms<br />
»Vuelvan Caras« zur Grundlage für gemeinschaftliche und<br />
gemeinnützige Existenzgründungen. Es erfasst praktisch alle Berufs- und Wirtschaftszweige.<br />
Zwischen 2004 und 2005 haben sich nach offi ziellen Angaben<br />
264.720 Personen an diesem Ausbildungsprogramm beteiligt, das im Allgemeinen<br />
aus einem sechsmonatigen Ausbildungskurs besteht. Während dieser Zeit<br />
erhält die Person eine fi nanzielle Unterstützung, eine Art Stipendium. Schon<br />
während der Ausbildungszeit konstituieren sich Kooperativen, die dann, nach<br />
Abschluss der Ausbildung, Kredite zur Existenzgründung beantragen können,<br />
ein Viertel davon im landwirtschaftlichen Bereich. Sie repräsentieren etwa 5%<br />
der aktiven Bevölkerung (andere Quellen sprechen von nur 1,5%). Allerdings<br />
ist bisher höchstens die Hälfte der von den AbsolventInnen gegründeten Kooperativen<br />
wirklich aktiv tätig. Ergebnis dieser neuen Impulse in Verbindung mit<br />
staatlichen Ausbildungs- und Finanz- Förderprogrammen: Im Juli 2005 gibt es<br />
bei SUNACOOP, der staatlichen Kontrollinstanz 73.000 registrierte Kooperativen<br />
und Ende 2006 hätten es sogar 200.000 sein sollen. Allerdings ist nur ein<br />
sehr geringer Teil von ihnen den gesetzlich vorgeschriebenen Organisations-<br />
und Steuervorschriften nachgekommen, weshalb ein großer Teil wieder aus den<br />
Registern gestrichen wurde.<br />
Ein lebendiges Beispiel ist das Fundo Zamorano para el Desarrollo Endógeno<br />
»Alejandro de Humboldt« (Antiguo Hato La Argentina) – das Zentrum<br />
für endogene landwirtschaftliche Entwicklung. Es soll von in Kooperativen<br />
organisierten AbsolventInnen von »Vuelvan Caras« ebenso wie von anderen<br />
lokalen Kooperativen landwirtschaftlich genutzt werden. Im Fundo geht es um<br />
nachhaltige Arbeit in gemeinnütziger Vereinsform, um so zur autonomen Lebensmittelversorgung,<br />
aber auch zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Stadt- und<br />
LandbewohnerInnen beizutragen. Das Land wird den Kooperativen vom Staat zur<br />
Nutzung zur Verfügung gestellt. Der Betrieb verfügt über 4.379 Hektar und wurde,<br />
da nicht bewirtschaftet, nach Verkündigung des neuen Agrarreformgesetzes<br />
2001 von BewohnerInnen des nahe gelegenen Ortes besetzt. Ab 2004 kamen<br />
noch weitere Personen, alle schon in Kooperativen organisierte AbsolventInnen<br />
des Vuelvan Caras, aus den Armenvierteln von Maturin hinzu: insgesamt 13<br />
Kooperativen, acht aus dem Programm Vuelvan Caras und fünf Kooperativen<br />
von den ErstbesetzerInnen. Die acht »Vuelvan Caras«-Projekte erhielten sehr<br />
bald Kredite von verschiedenen staatlichen Kreditinstituten. Für die übrigen<br />
ErstbesetzerInnen dauerte es dann noch mehr als zwei Jahre, bis auch sie Kredite