Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag
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Gerhard Schick: <strong>Solidarische</strong> Ökonomie und Grüne Marktwirtschaft<br />
207<br />
Carsharing-Modelle auf Vereinsbasis und Fahrradparkhäuser waren Vorbild für<br />
kommerzielle Konzepte großer gewinnorientierter Unternehmen. Sie spielen<br />
neben ihrem Eigenwert für die Beteiligten und dem Wert für die Umwelt, eine<br />
wichtige Rolle in einer sich ständig wandelnden Ökonomie. Denn die Innovationen<br />
der <strong>Solidarische</strong>n Ökonomie werden häufi g später von marktorientierten<br />
Unternehmen aufgegriffen und kommerzialisiert. Ein innovationsorientierter<br />
Politikansatz wie der von Bündnis 90/Die Grünen kann deshalb auf diese Quelle<br />
von Innovationen schon aus wirtschaftspolitischer Perspektive nicht verzichten.<br />
Sie wird insbesondere heute relevant, wenn deutlich wird, dass die Begrenzung<br />
des Klimawandels und die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs ohne die Veränderung<br />
von Konsummustern nicht gelingen werden. Wo werden diese neuen<br />
Konsummuster entwickelt, die über die individualisierte Eigentümerschaft an<br />
kurzlebigen Konsumgütern hinausweist, wenn nicht in Strukturen <strong>Solidarische</strong>r<br />
Ökonomie? Dies sind schließlich Orte, an denen das gemeinsame Interesse<br />
über die Gewinnerzielung hinausgeht. Ist die <strong>Solidarische</strong> Ökonomie nicht<br />
einer der Räume, in dem wirtschaftliches Handeln konkret mit einer ethischen<br />
Überzeugung verbunden wird? Erdet sie nicht die Diskussionen um Corporate<br />
Social Responsibility, »verantwortliche Kreditvergabe« und Anderes, indem<br />
klare, praxistaugliche Gegenbeispiele zum Handeln großer gewinnorientierter<br />
Unternehmen aufgezeigt werden?<br />
Vieles dazu bedarf noch der konzeptionellen Weiterentwicklung. Zum<br />
Beispiel ist die Rolle und Wirkung von regionalen Währungen noch genauer<br />
zu untersuchen. Vier konkrete Verbesserungen stehen aber bereits jetzt an und<br />
sollten mit Verve vorangetrieben werden:<br />
■ Die Förderung genossenschaftlicher Unternehmensgründung im Rahmen<br />
der Förderprogramme und Gründungsberatung sowie die gleichberechtigte<br />
Darstellung des genossenschaftlichen Sektors in öffentlichen Publikationen<br />
etc.: Hier geht es weniger um gesetzliche Maßnahmen als darum, die Praxis<br />
zu verändern. 3<br />
■ Die Unterstützung von Unternehmensgründungen aus der Arbeitslosigkeit<br />
in Form der Genossenschaft: Obwohl als Begriff heftig kritisiert, hat die<br />
Ich-AG in den Bewertungen der Hartz-Gesetze relativ gut abgeschnitten.<br />
Statt der Abschaffung der Ich-AG hätte die Große Koalition diese Form der<br />
Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit in der Weise erweitern sollen, dass<br />
auch genossenschaftliche Gründungen aus der Arbeitslosigkeit förderfähig<br />
geworden wären (Wir-eG statt Ich-AG). Diese Form der Selbsthilfe kann für<br />
viele eine stabilere Existenzgründung sein als die individuelle, gerade weil<br />
3 Siehe u.a. Papier der grünen Bundestagsfraktion zu »Gründungsförderung in Ostdeutschland«.