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Sven Giegold / Dagmar Embshoff (Hrsg.) Solidarische ... - VSA Verlag

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66 Neoliberaler Umbau und <strong>Solidarische</strong> Ökonomie<br />

Ein paar Tage später mittwochs ist die große Wochensitzung, die vier,<br />

manchmal fünf Stunden dauert. Gunnar berichtet, wie der Tag gestern beim<br />

Umzug mit den anderen vier gelaufen ist. Es war alles okay. Beim nächsten<br />

Punkt »Arbeitsverteilung« ist nichts mehr okay. Wer hat für den Nachmittag<br />

eine Möbelauslieferung mit dem LKW ausgemacht, obwohl doch klar ist, dass<br />

Detlef am Mittwochnachmittag immer das Fahrzeug inspiziert? Seit mehr als<br />

einem Jahr gibt es immer wieder eine Behinderung seiner Arbeit dadurch, dass<br />

der LKW während der Wartungszeit raus soll. Wenn aber nicht regelmäßig Öl,<br />

Luft und Bremsen kontrolliert werden, die Achsen nicht abgeschmiert werden,<br />

nicht kleinere Reparaturen durchgeführt werden, wird unser Transporter bald<br />

hinüber sein. Und regelmäßig eine Werkstatt dafür zu beauftragen, würde unsere<br />

Kasse sprengen. Detlef hat diesmal endgültig die Faxen dicke. Er habe schon vor<br />

einem Jahr gesagt, dass jetzt mal andere mit dieser Arbeit dran seien. Er brauche<br />

die Zeit dringend für andere Aufgaben. Und ab sofort mache er die Wartung<br />

nicht mehr. Er sei allenfalls bereit, jemand anders einzuarbeiten.<br />

Aber wer macht es? Niemand meldet sich. Die Stimmung sinkt. Von den<br />

Neuen traut sich keineR diese so wichtige Aufgabe zu. Und diejenigen, die<br />

länger dabei sind, haben sich in bestimmte für die Gruppe wichtige Bereiche<br />

eingearbeitet und wollen nicht wechseln. Reinhard hat beispielsweise angefangen,<br />

in einem der Gebäude Doppelfenster zu schreinern und einzubauen.<br />

Rainer schreibt an seiner Doktorarbeit zu »Neuer Arbeit«. Gisela und Michael<br />

engagieren sich in der neuen Stadtteilgenossenschaft »WiWAt«. Heinz betreut<br />

die Computer und macht beim »Institut für Neue Arbeit« mit.<br />

An diesem Tag fi ndet sich keine Lösung für die LKW-Wartung. Aber das<br />

Problem rührt an unserer Existenz. Ohne funktionierenden LKW können wir<br />

keine Aufträge fahren, und es fehlt uns das Geld zum Leben. Eine Woche später<br />

ist das Thema wieder auf der Tagesordnung. Und tatsächlich wollen zwei der<br />

Neuen die Wartung zusammen anpacken. Peter ist nach Jahren der Arbeitslosigkeit<br />

zur SSM gekommen. Er hat früher in einer Spedition einen Transporter<br />

gefahren. Obwohl er sich die LKW-Wartung nicht richtig zutraut, hat er erkannt,<br />

dass es auf ihn ankommt. Sascha geht mit seinen noch jungen Jahren unbefangener<br />

an Neues heran. Er hat auch schon vor Wochen begonnen zu lernen, wie<br />

ein Computer bedient wird.<br />

Lernen, sich entfalten, sich weiterbilden geschieht bei der SSM aus vielerlei<br />

Motiven und auf vielerlei Wegen. Wenn jemand einen Garten anlegt und pfl egt<br />

oder einen Proberaum zum Musizieren einrichtet, stecken dahinter Lust und<br />

Interesse. Zum anderen sind es die Erfordernisse und die selbstgesetzten Ziele<br />

der Gruppe, die eine Weiterentwicklung der Fähigkeiten mit sich bringen. Da<br />

gilt es einfach anzufangen und die Hürden nach und nach zu nehmen. Wie dies<br />

bewältigt wird, ist jedoch verschieden, und jedeR bestimmt für sich selbst, ob

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