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Die Sprache des Parfums

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– man es betrachtet: Neologismen sind keine mehr oder weniger signifi-<br />

kantenseitig willkürlich neu zusammengepuzzelten Phonemsequenzen.<br />

Es ist vielmehr als generelles Kriterium festzuhalten, dass im Falle eines<br />

Neologismus ein „neuer Sachverhalt“ (Bußmann 3 2002: 463) durch einen<br />

nicht-konventionalisierten sprachlichen Ausdruck bezeichnet wird. An-<br />

ders formuliert:<br />

„Aus lexikologischer Sicht wird unter einem Neologismus ein Neuzugang im<br />

Lexikon verstanden“ (Helfrich 1993: 9).<br />

Etwas ausführlicher formuliert, kann man sagen, dass ein – wodurch<br />

auch immer – neu entstandenes kognitives Konzept oder Signifié vor-<br />

sätzlich mit einer neu konstruierten oder umgewidmeten Ausdrucksseite<br />

versehen wird. <strong>Die</strong>ses neu konzipierte sprachliche Zeichen erweitert das<br />

Sprachsystem um ein Element, wobei eine durch ein neu zu benennen-<br />

<strong>des</strong> Signifié entstandene Lücke im mentalen individuellen und kollektiven<br />

Lexikon durch ein halbvertrautes Signifiant geschlossen wird. Bei dem<br />

Phänomen <strong>des</strong> Neologismus treffen also notwendig Bekannte (Altes)<br />

und Unbekanntes (Neues) zusammen. Unbekannt oder unvertraut ist<br />

das neue mentale Konzept, (teilweise) bekannt hingegen die sprachliche<br />

Form, beziehungsweise im Falle komplexer Sprachformen deren Konsti-<br />

tuenten. Im Französischen gibt es eine schöne lexikalische Unterschei-<br />

dung zwischen absoluter und relativer Neuheit. <strong>Die</strong>se Differenz wird mar-<br />

kiert durch die Adjektive nouveau (ungebraucht, noch nicht da gewesen)<br />

vs. neuf (neuzeitlich, modern) (vgl. (Lange-Kowal 1982: 936). In diesem<br />

Sinne ist formal betrachtet ein Neologismus neuf, aber nicht nouveau.<br />

<strong>Die</strong> Verwendung <strong>des</strong> Verbs empfinden in den beiden obigen Definitionen<br />

macht überdies deutlich, dass es offenkundig keine objektive Instanz<br />

gibt, die festlegt, ob ein Wort oder eine Wendung als Neologismus zu<br />

betrachten ist oder aber als etablierte und damit lexikalisierte Einheit <strong>des</strong><br />

Wortschatzes einer <strong>Sprache</strong>.<br />

Wenn eine Fachsprache, wie hier die Fachsprache der Parfumeure,<br />

neue Lexeme für neue oder scheinbar neue Inhalte einführt, besteht im-<br />

mer die Gefahr, dass die Fachvokabeln sich als Barriere <strong>des</strong> allgemei-<br />

nen Verstehens entpuppen (vgl. Fluck 5 1996: 34). <strong>Die</strong>ses Problem tritt<br />

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