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Die Sprache des Parfums

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werten, das von den neurophysiologischen Eigentümlichkeiten der genu-<br />

inen Synästhesie unabhängig ist und darum in einem kulturwissenschaft-<br />

lich-semiotischen Kontext beschrieben werden kann. Da diese Arbeit<br />

sich zwar neurophysiologischer Erklärungen der Synästhesie bedient,<br />

letztlich aber semiotisch-linguistischer Natur ist, ergibt sich automatisch<br />

die spannende Frage, welche Rolle abstrakte sprachliche und andere<br />

Zeichenprozesse innerhalb der metaphorischen Variante der Synästhe-<br />

sie spielen.<br />

1.3.2.2. Sprachliche Synästhesie als Inkongruenzphänomen<br />

Man kann als gegeben voraussetzen, dass <strong>Sprache</strong> die zentrale Vermitt-<br />

lungsfunktion zwischen individueller, subjektiver Wahrnehmung und in-<br />

tersubjektiver Kommunikation der wahrgenommenen Inhalte einnimmt.<br />

In der Synästhesieforschung gibt es diverse Berichte von Synästheti-<br />

kern, die ihre besondere Wahrnehmungsfähigkeit mit Worten beschrei-<br />

ben um sie anderen Menschen mitzuteilen (vgl. Emrich et al. 2002: 37 ff.;<br />

Cytowic 1989: 23 ff.; Harrison/Baron-Cohen 1997: 259 ff.; Edmondson<br />

2002: 51 ff.).<br />

<strong>Die</strong> Versprachlichungsfrage individueller Wahrnehmungsinhalte bezieht<br />

sich aber in meiner Untersuchung nicht darauf, wie Synästhetiker ihre<br />

Wahrnehmungseigentümlichkeiten sprachlich fassen; dabei wäre die<br />

Frage, wie es von der individuellen Wahrnehmung zur Versprachlichung<br />

kommt. Sondern genau der umgekehrte Prozess soll diskutiert werden:<br />

(Wie) kann von Seiten der <strong>Sprache</strong> Einfluss genommen werden auf kog-<br />

nitive Prozesse, die der genuinen Synästhesie analog sind oder ihr zu-<br />

min<strong>des</strong>t ähneln? Inwiefern eignet sich <strong>Sprache</strong> dazu, den kognitiven Zu-<br />

stand <strong>des</strong> pseudo-synästhetischen Erlebens nicht nur zu beschreiben<br />

sondern diesen sogar zu evozieren oder zumin<strong>des</strong>t zu simulieren?<br />

Posner/Schmauks (2002) bezeichnen eine zeichenvermittelte, also se-<br />

miotisch inszenierte Art von Synästhesie als ein „künstlerisches Pro-<br />

gramm, das Kunstwerke absichtlich so gestaltet, dass sie mit mehreren<br />

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