Die Sprache des Parfums

Effekt der Produktbeschreibung vorausgesetzt, taucht also die Frage
nach der funktional-kommunikativen Motivation der Verben auf.
Da die Worte in einem Werbetext naturgemäß auf einen positiven Ap-
pelleffekt zielen und niemals zufällig gewählt werden, kann wie im Falle
der Fachvokabeln und der Attribuierungen eine poetische gestützte ko-
native Motivation angenommen werden. Zwar hat sich die strenge Auf-
fassung der Synästhesie-Hypothese, die das Inkongruenzphänomen der
sprachlichen Synästhesie als poetisch relevantes Merkmal ausweist, be-
züglich der Verben als lexikalische Einheiten nicht bestätigt. Allerdings
kann die ikonische Motivation der Verben als sprachliche Synästhesie im
weiteren Sinne verstanden werden. Denn durch die ikonische Repräsen-
tation des Duftablaufs, den die prozessual-dynamischen Verben insze-
nieren, wird ein olfaktorischer Prozess durch den dynamischen Ablauf
der Zeit dargestellt. Man kann daher sowohl die systematische Inkon-
gruenz der Subjekt-Prädikat-Relation als auch die ikonische Qualität der
prozessual-dynamischen Verben als Ausprägung der poetischen
Sprachfunktion betrachten, die die referentielle Funktion überlagert oder
sogar außer Kraft setzt.
3.9.5. Verben und ihre poetische Relevanz
Das Moment der rezipientenseitigen Deautomatisierung des Lesepro-
zesses als indikatorischer Ansatzpunkt für das Wirken der poetischen
Sprachfunktion kann für die Verben in jedem Fall reklamiert werden.
Durch den Umstand des ‚Störens beim Lesen’ sind sie ja neben den
Fachvokabeln und den Attribuierungen überhaupt erst in das analytische
Interesse gerückt.
Für den deskriptiven Nachweis ihrer poetischen Relevanz, also ihres
Status als „stilistischer Stimulus“ (Riffaterre 1973: 53), kann sowohl Riffa-
terres Konzept des Mikrokontextes als auch das des Makrokontextes he-
rangezogen werden.
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