PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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eine ebenso unvergleichliche wie risikohafte Welt der Selbstgestaltung<br />
erhebt. Genau hier entstehen auch unsere Kernfragen<br />
der Selbsterkenntnis. Und selbst wenn sich unsere Hoffnung<br />
auf "mehr" Selbsterkenntnis durch Herder nicht erfüllt haben<br />
sollten: wir können unsere Fragen jetzt genauer und<br />
differenzierter stellen.<br />
Schließlich die Fragen der "<strong>Pädagogische</strong>n Verwertung".<br />
Es ist überhaupt nicht sinnvoll, vielleicht sogar lächerliqji,<br />
nach der "Verwendung von Selbsterkenntnis" zu fragen. Denn<br />
Selbsterkenntnis ist kein Erkenntnisbesitz. Sie ist unauflösbare<br />
Einheit von Wissen, Leben und Handeln. Sie ist der mit<br />
sich selbst rückgekoppelte Prozeß des Lebens, wenn es Anspruch<br />
auf Humanität erhebt.Und damit ist Selbsterkenntnis im<br />
höchsten Sinne "pädagogisch". Nur wer diesen Zusammenhang<br />
nicht einsieht, kann sich die Frage nach der "Verwendung"<br />
stellen. Wenn es aber zutrifft, daß Selbsterkenntnis die intensivste<br />
Form pädagogischen Umgangs ist, dann kann sie gerade<br />
den Pädagogen nicht erspart werden. In der rigorosen Frage nach<br />
sich selbst gewinnt er die lebendige Legitimation seines Handelns,<br />
der gegenüber alle anderen Legitimationen grundsätzlich s ek<br />
u n d ä r sind. Diese Feststellung mag in der Zeit positiv-<br />
wissenschaftlicher Begründung von Pädagogik befremdlich, vielleicht<br />
sogar überholt klingen. Aber man sollte vorsichtig sein. Seit<br />
Nietzsches f Unzeitgemäße Betrachtungen 1 dokumentierten, was im<br />
Grunde immer schon bekannt war, daß nämlich das Unzeitgemäße<br />
durchaus das Zeitgemäße sein kann, muß man sich darauf einstellen,<br />
daß sich das scheinbar Überholte und Exotische als<br />
die wahrhafte Entsprechung zu den Problemen erweist, die sich<br />
am Ende mit den üblichen Mitteln nicht lösen lassen. Wenn hier<br />
also für die Notwendigkeit einer persönlichen, ja existenziellen<br />
Legitimation pädagogischen Handelns plädiert wurde und wenn die<br />
gesamte Bemühung um "<strong>Anthropologie</strong> als Problem" sich in diesem<br />
Sinne verstand, dann geschah das durchaus im Bewußtsein des<br />
Unzeitgemäßen, das dieser Bemühung anhaften mußte. Es geschah<br />
in der Überzeugung, daß eine Pädagogik der Humanität in der Tat