PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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Identitätsbildung den Konflikt institutionalisiert oder vorweist<br />
auf eine mitmenschliche Verfassung in der Tradition<br />
zwischen den Völkern, das ist eine Frage der sinnhaften Auslegung<br />
dieses Datums. Gewiß, solche Interpretationen und Auslegungen<br />
von Daten haben nicht die Sicherheit "objektiver<br />
Erkenntnisse". Doch besteht gerade darin ihr spezifisch menschlicher<br />
Rang. Eine interpretationslose anthropologische Datenhuberei<br />
wäre gleichzusetzen mit dem Verzicht auf die Frage nach<br />
den Sinnimplikationen. Und so könnte in der<br />
Tat die <strong>Anthropologie</strong> zur Selbstabdankung des Menschen führen,<br />
sofern er gar nicht mehr als Zentrum der ijhn selbst betreffenden<br />
Fragen erscheint. Doch darauf wurde schon hingewiesen.<br />
Und was die Hoffnung auf "Erweiterung" der Selbsterkenntnis<br />
betrifft: Auch wenn sie nicht meßbar ist und nur im "Dialog<br />
der Betroffenen" ausgewiesen werden kann - dieser konnte sich<br />
durchaus in dem Umfang erfüllen, der durch die Bereitschaft bestimmt<br />
ist, seine Seh- und Erfahrungsgewohnheiten im Umgang mit<br />
einer lebendigen und originären Denkergestalt der Vergangenheit<br />
zu vergegenwärtigen und zu prüfen. Herder, so hat sich<br />
gezeigt, ist durchaus ein "moderner" Denker, und zwar auch<br />
darin, daß er seine anthropologischen Fragen "existenziell",<br />
getrieben vom Wetterleuchten einer umfassenden Orientierungsnot,<br />
angeht. Nicht von ungefähr berufen sich anthropologische<br />
Denker vom Range Plessners oder Gehlens auf Herder. Aber es<br />
bedarf nicht erst des Ausweises solcher Vorbilder, um die Bedeutung<br />
Herders für die Strategien der Selbsterkenntnis modernen<br />
Menschentums zu ermessen. Die Rigorosität seines Versuchs,<br />
den Menschen durch sich selbst in seiner Geschichtlichkeit zu<br />
erklären und zu verstehen, provoziert in j e d e m Besinnung,<br />
der sich ihr aussetzt. Man bleibt einfach nicht unberührt von<br />
der ihn permanent umtreibenden Frage, ob Menschengeschichte<br />
nur ein Stück Naturgeschichte mit anderen Mitteln sei, oder<br />
ob sich über den Naturprinzipien der Selbsterhaltung