PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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ihre Grammatik geregelt/ ihre Sphäre fixiert ist - eine solche<br />
Sprache kann noch eher im Merklichen unverändert bleiben, und<br />
doch auch da nur im Merklichen (in ihrer lernbaren, abstrakten<br />
Form}." (Abhandlung/ S. 76) Es gibt also eine Erstarrung der<br />
Sprache. Sie würde dort einsetzen, wo sie nur noch über Dokumen-<br />
tationen nach Regeln gelernt und nicht mehr im lebendigen Ge-<br />
meinschaftsbezug praktiziert wird - in einem Gemeinschafts-<br />
bezug, der immer den Charakter eines sprachlich vermittelten<br />
und Sprache vermittelnden Erfahrungsaustausches hat. Und Herder<br />
greift modernen Sprachstiltheorien vor, wenn er sagt: "...sie<br />
(die Sprache) muß sich verändern in jeder neuen Welt, die man<br />
sieht, in jeder Methode, nach der man denkt und fortdenkt. 11<br />
(Abhandlung, S. 76) Das bedeutet, es gibt so viele sprachliche<br />
Merkwelten, wie es lebensmäßige Herausforderungen gibt. Und<br />
der Rang einer Sprache bemißt sich an ihrer Plastizität und nicht<br />
an ihrer - in Terminologie und Kalkül - festgelegten Gebrauchs-<br />
form. Es ist offensichtlich, daß Herders "Sprachvitalismus 11<br />
eine Spitze gegen die philosophische und dogmatische Systemati-<br />
sierung der Sprache enthält. Sie ist für ihn nur eine Metareflexion,<br />
die die Fortbildung des Sprachlebens in elementaren Formen der<br />
[ Gemeinschaftlichkeit letztlich nur wenig befördert.<br />
Ist die Entwicklung der Sprache durch ihre Vergegenwärtigung<br />
im Elementarbezug der Elternschaft deren ursprüngliches und<br />
anfängliches Motiv, so bleibt jedoch Herder dabei nicht stehen.<br />
Die familiale Sprachentwicklung kann schließlich nicht die<br />
Entstehung verschiedener Sprachen erklären, die den Charakter<br />
von deutlich begrenzten Nationalsprachen haben. Wie also lassen<br />
sich diese Sprachverschiedenheiten und verschiedenen Sprachen<br />
erklären? Sie sind für Herder das Ergebnis von Zwist und Feind-<br />
schaft, von Antagonismen unter den Nationalitäten. Um diese<br />
These deutlich zu verstehen - die These von der Entstehung<br />
der Sprachverschiedenheit im Sinne einer Differenzierung in<br />
verschiedenen Sprachspielen auf dem Grunde urtümlicher Antagonis-<br />
men -, ist es notwendig, jene Leistung der Sprache in den Blick<br />
zu bringen, die man heute als die symbolische soziale Identitäts-