PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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Der Mensch ist demnach Schöpfer und Geschöpf der Gesellschaft,<br />
und zwar nicht aus reiner Willkür, sondern aus wesenhafter Not.<br />
Aber inwiefern bedeutet die Vergesellschaftung des Menschen,<br />
die für Herder im Grundphänomen der Familie gleichsam ihren<br />
originärsten Ausdruck gewinnt, eine "natürliche", "wesentliche"<br />
und "notwendige" Fortbildung der Sprache? Hätte Herder nicht die<br />
Vergesellschaftung am Eltern-Kind-Verhältnis exponiert, so<br />
könnte man vermuten, es sei der "freie gesellige Verkehr"<br />
selbst, der im Austausch der Merkwelten die Sprache anreichere.<br />
Aber auf diese Weise möglicher Sprachfortbildung kommt es<br />
Herder hier offenbar nicht an. Wie also kann sich Sprache durch<br />
die Zuwendung zum sprachlosen Kind fortbilden? Müßte man nicht<br />
annehmen, daß in der Zuwendung zum Kinde nur sehr reduzierte<br />
Weisen des Sprechens geboten sind, solche nämlich, die der<br />
kindlichen Erlebnis-Artikulationskraft zugänglich sind?<br />
Das ist jedoch nicht der elaborierte Status einer entwickelten<br />
Erwachsenensprache. Wenn Herder solchen Bedenken zum Trotz<br />
die naturnotwendige Entwicklung der Sprache an die gegenüber<br />
dem Kind wahrgenommene Elternschaft bindet,<br />
an die Intim-Institution der Familie, so deshalb, weil er in<br />
ihr die wesentliche Grundform allen Erziehens und Unterrichtens<br />
sieht. Seine entscheidenden Argumente faßt Herder in Fragen:<br />
"Wieviel Ordnung und Ausbildung bekommt die Sprache also schon<br />
eben damit, daß sie väterliche Lehre wird? Wer lernt nicht,in-<br />
dem er lehrt? Wer versichert sich nicht seiner Ideen, wer<br />
mustert nicht seine Worte, indem er sie ändern mitteilt, und<br />
sie so oft von den Lippen des Unmündigen stammeln hört?" (Ab-<br />
handlung, S. 74) Und das Ergebnis dieser fragenden Exposition<br />
lautet dann: "Hier also gewinnt schon die Sprache eine Form<br />
der Kunst, der Methode. Hier wurde die erste Grammatik, die<br />
ein Abdruck der menschlichen Seele und ihrer natürlichen Logik<br />
war, schon durch eine scharf prüfenden Zensur berichtigt..."<br />
(Abhandlung, S. 74)<br />
Bedenkt man diese Sätze, dann mindert sich die Überraschung,<br />
die sich einstellen kann angesichts—Ae^ aß He r 4 ex<br />
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:• ^erf der ausdrück .. 'j-~i-pöhmigung<br />
des<br />
<strong>Egon</strong> <strong>Schütz</strong>