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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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len, nach einer Gesamt int erpretation der Geschichte, die auch<br />

den Moment ehrt, ohne in seiner Augenblicklichkeit unterzugehen.<br />

Wie ,er, sind auch wir im Grunde irritiert durch die Doppelsinnigkeit<br />

unserer „Naturfreiheit", die uns einerseits zum<br />

Vorzug der Selbstbestimmung aufruft, die uns aber andererseits<br />

in immer neue Sinn-Experimente zum Teil mit tödlichem Ausgang<br />

stürzt. Schließlich: Wie Herder, so versuchen auch wir, positives<br />

Wissen über uns selbst als Naturwesen mit einer evidenten<br />

Aussicht auf die Klammer eines „Wozu?" zu verbinden. Und gerade<br />

im Hinblick auf diese Sinnklammer bauen sich in unserer<br />

Zeit Gefahren auf, die auch Herder schon kannte, die er aber<br />

noch in einem „Weltbild" glaubte auffangen zu können: die Gefahr<br />

nämlich, die Selbstbestimmung in ideologischen Dogmen zu<br />

ersticken oder in scheinbar objektiven Sachverhalten abdanken<br />

zu lassen. Mehr als zu jeder anderen Zeit ist das Selbst unserer<br />

Selbsterkenntnis verunsichert und dazu geneigt, aus solcher<br />

Verunsicherung heraus bereitwillig Interpretationsangebote -<br />

zum Beispiel aus den Massenmedien - anzunehmen, die allerdings<br />

nur scheinbar die gesicherte Identität vermitteln, in Wirklichkeit<br />

aber deren Abdankung betreiben, und zwar in fremdbestimmten<br />

Schablonen mit wechselndem Marktwert. - Das Wort Humanität<br />

, um dessen geschichtliche Beglaubigung Herders <strong>Anthropologie</strong><br />

kreist, hat für uns vielfach den Charakter einer Worthülse<br />

angenommen, und so ist uns noch wenig gesagt, wenn wir<br />

solche Forderungen wie diejenige nach „mehr Humanität", nach<br />

Humanisierung des Arbeitsplatzes, der Schule usf. hören. Aber<br />

hier kann uns der Rückblick tatsächlich helfen, zumindest dazu,<br />

einmal ein Bild von der gedanklichen Anstrengung zu bekommen,<br />

die erforderlich ist, um die Worthülse in einen gedankenreichen<br />

Begriff zu verwandeln. Denn Herders umfangreiches Werk<br />

der „Ideen" ist nichts anderes als die Bemühung, dem Wort Humanität<br />

Substanz zu geben. Humanität ist für Herder das Thema<br />

der Selbsterkenntnis.

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