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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-49-<br />

in den Vernunft und Sprache gebracht werden, achtet» Denn ohne<br />

Sprache ist für ihn die Vernunft gleichsam hilflos. Es heißt bei<br />

Herder: "Indessen wären alle diese Kunstwerkzeuge, Gehirn, Sinne<br />

.und Hand auch in der aufrechten Gestalt unwirksam geblieben, wenn<br />

uns der Schöpfer nicht eine Triebfeder gegeben hätte, die sie<br />

alle in Bewegung setzte; es war das göttliche<br />

Geschenk der Rede. Nur durch die Rede wird die<br />

schlummernde Vernunft erweckt, oder vielmehr die nackte Fähigkeit,<br />

die durch sich selbst ewig tot geblieben wäre, wird durch<br />

die Sprache lebendige Kraft und Wirkung. Nur durch die Rede<br />

wird Äuge und Ohr, ja das Gefühl aller Sinne eins und vereinigt<br />

sich durch sie zum schaffenden Gedanken, dem das Kunstwerk<br />

der Hände und anderer Glieder nur gehorchet." (a.a.O. S. 115).<br />

Das heißt zunächst einmal: Vernunft ohne Sprache ist ohnmächtig,<br />

so wie es bedeutet, daß Sprache Vernunft hervorbringe in der<br />

Weise, daß sie zur Wirkung, zur Entfaltung gelange. Aber worin<br />

besteht nun bei Herder das Eigentümliche der Sprache? In einer<br />

groben Anzeige läßt sich sagen, Sprache könne zweierlei bedeuten.<br />

Einmal meint Sprache ein Inventar von Bezeichnungen<br />

mitsamt den Regeln ihrer, Verknüpfung. Das wäre Sprache in der<br />

Bedeutung eines "Ausdrucksmittels", das man zur Verfügung hat,<br />

um damit seine Gedanken akustisch oder im Falle dokumentierender<br />

Schrift auch optisch zu äußern. Der Aspekt, der damit hervortritt,<br />

ist der instrumentelle Aspekt der Sprache. Eine andere<br />

und hintergründigere Bedeutung erhält Sprache (und Sprechen),<br />

wenn sie nicht als zweckrationales Äußerungsmittel, sondern als<br />

vermittelndes "Medium" betrachtet wird, in das der einzelne<br />

Mensch immer schon eingetaucht ist, bevor er in subjektiv gesteuerten<br />

Sprechaktionen Bestimmtes und Konkretes aussagt.<br />

Sie ist eine fundamentale Weltsicht, eine allem individuellen<br />

Sprechen vorausliegende Seinserfahrung. Im Hinblick auf diesen<br />

urtümlichen Sinn der Sprache formulierte Heidegger das bekannte<br />

Diktum von der Sprache als dem "Haus des Seins".

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