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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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4. Vorlesung<br />

- 39 -<br />

Wir stehen im Gang unserer Überlegung zum Problem der <strong>Anthropologie</strong><br />

bei Herder an einer entscheidenden Stelle. Die „Ideen<br />

zur Philosophie der Geschichte der Menschheit 11 sollen die These<br />

einlösen, daß der Mensch zur Entwicklung von Eumanitat angelegt<br />

sei und daß insofern die Geschichte der Menschheit „im Ganzen<br />

und Großen" einen sinnvollen Entwicklungsduktus zeige - auch<br />

wenn dieser nicht in rationaler Konstraktion vorweggenommen<br />

werden kann. Es ist das Erregende an der Intention der „Ideen",<br />

daß sie ohne Spekulation und Metaphysik auskommen will. Das<br />

heißt: die dort vorgetragenen Ideen sollen sich auf naturhistorische<br />

und humanhistorische Erfahrungen gründen. Herder hat viel<br />

an eigenen und fremden Beobachtungen zusammengetragen, um seine<br />

These von der grundsätzlichen Sinnhaftigkeit geschichtlichen<br />

Lebens zu bewähren. Wir können das Material im einzelnen nicht<br />

prüfen und gewichten. Das ist aber auch nicht entscheidend. Wir<br />

sind interessiert vor allem am „Stil" einer Argumentation, die<br />

sich in der Spannung zwischen historischer Einzelbeobachtung<br />

(die Naturhistorie eingeschlossen) und der Ambition einer „Philosophie<br />

und Wissenschaft" der Gesamtgeschichte der Menschheit<br />

befindet. Daß sich unser Interesse auf diese Argumentationsproblematik<br />

vorzüglich richtet, hat seinen Grund in eigener Betroffenheit.<br />

Denn auch zweihundert Jahre nach Herders Bemühung, den<br />

Verlauf der Geschichte als sinnfällig erscheinen zu lassen, ist<br />

das Problem dieser'Bemühung aktuell geblieben. Wie Herder, so<br />

können auch wir nicht umhin, die Geschichtlichkeit unseres Existierens<br />

als Grundverfassung unseres Daseins anzuerkennen. Wie<br />

er, so haben auch wir die Ambivalenz des entwickelten historischen<br />

Sinns zu ertragen, die darin besteht, positiv um die historische<br />

Bedingtheit der Erscheinungen zu wissen und-negativ -<br />

diese Bedingtheit als Verunsicherung, Relativierung, als Negativität<br />

erfahren zu müssen. Wie er, so zögern auch wir, den<br />

Fortschrittsoptimismus zu teilen, der am Ende nur eine verkappte<br />

Form des Elends des Historismus ist, weil er permanent Gegenwart<br />

einer (vermeintlich) besseren Zukunft opfert. Wie Herder,<br />

so sind auch wir auf der Suche nach sinnverbürgenden Zie-

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