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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-79-<br />

in der Selbstvergegenwärtigung im anderen unter Einsicht in<br />

die Endlichkeit des Menschen meint. Daß wir etwas lernen, indem<br />

wir lehren/ bedeutet nicht nur den einfachen Sachverhalt einer<br />

speziellen Anreicherung von Wissen und Erfahrung zum Zwecke ihrer<br />

didaktisierten Vermittlung - es bedeutet in einem tieferen Sinne,<br />

daß wir die entscheidenden Fragen nach uns selbst überhaupt nur<br />

unter der Herausforderung des Erziehungsgeschäfts stellen können<br />

und müssen. Wie gesagt: die Notwendigkeit zu erziehen konfrontiert<br />

uns mit uns selbst nicht nur in der Rolle des Erziehers, sondern<br />

in der Weise endlich verfaßten Menschentums, das im Anblick der<br />

nachwachsenden Generation seine Endlichkeit "lernt". So wäre<br />

der Verzicht auf Erziehung nicht nur eine biologisch verantwortungslose<br />

Einstellung gegenüber der Hilflosigkeit der Nachkommenschaft;<br />

es wäre auch ein Akt der Selbstblendung durch Verzicht auf sinnhafte<br />

und wesentliche Selbstvergegenwärtigung.<br />

Erziehung ist notwendige Tradierung im Horizont der Endlichkeit.<br />

Und Tradierung ist nicht nur gedankenlose Weitergabe; sie<br />

ist Weitergabe im Modus der Reflexion. Diese aber ist, in der<br />

ursprünglichen Weise ihres Vollzugs, keine abstrakte und folgenlose<br />

Selbstbespiegelung des.Bewußtseins, sondern eine notwendige<br />

Praxis des Aufmerkens auf Erfahrung und Vollzug des Lebens<br />

selbst. Und insofern bedeutet Elternschaft nicht nur ein soziologisch<br />

analysierbares Rollenphänomen, sondern sie ist wesentliche<br />

und grundlegende menschliche Selbsterfahrung. Wenn der symboli-<br />

sche Interaktionismus betont, der Mensch komme zu sich selbst<br />

nur, indem er sich vom anderen her sehe, so könnte sich diese<br />

Theorie der Identitätsgenese in der Tat auf Herder stützen.<br />

Nur, Herder geht über den Rahmen des symbolischen Interaktionismus<br />

hinaus (oder er schränkt ihn - je nach Sichtweise - ein),<br />

wenn er das entscheidende Verhältnis zum anderen im Intimver-<br />

band der Familie aufsucht und die Provokation zur Selbstbesinnung<br />

gerade im Verhältnis zum unmündigen anderen sieht, der noch nicht<br />

im Vollsinn des Wortes "Interaktionspartner" ist, nämlich im Ver-<br />

hältnis zum Heranwachsenden. Was Herder in dieser Akzentuierung<br />

ins Spiel bringt, wenn auch kaum ausdrücklich vermerkt, das ist

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